Frisierte Schweineschwänze

■ Acht Gäste bei den Nordischen Literaturtagen im Literaturhaus

Seit Mitte der 80er veranstaltet das Literaturhaus alle zwei Jahre die Nordischen Literaturtage. War man zu Anfang vom Geist des Entdeckens erfüllt, hat zwischenzeitlich die skandinavische Literatur einen kleinen Boom erlebt. Acht der interessantesten AutorInnen werden in den nächsten drei Tagen in Hamburg aus ihren Werken lesen.

Eine direkte Brücke zwischen Skandinavien und Deutschland baut der finnisch-jüdische Schriftsteller Daniel Katz (heute, 18 Uhr). Sein jüngster Roman Der falsche Hund führt von Finnland in ein Nest Mecklenburg-Vorpommerns und zieht eine Schleife von der Jetzt-Zeit in die düstere Nazi-Vergangenheit Deutschlands. Wobei ein Schweineschwanz eine entscheidende Rolle spielt.

Im Anschluß (20 Uhr) lesen Katarina Frostenson aus Schweden sowie die dänische Lyrikerin Pia Tafdrup. Gilt es hierzulande Frostensons Werk noch zu entdecken, konnte sich Tafdrup als eine der wichtigsten Poetinnen ihres Landes auch bei uns schon einen Namen machen. Die Norweger Erlend Loe und Lars Saabye Christensen (Mi, 20 Uhr) sind ganz dem Skurillen des Alltags verpflichtet. Loe konnte mit seinem Roman Die Tage sollen anders werden, einem verspielt-melancholischen Protokoll eines jugendlichen Losers, einen kleinen, feinen Kultseller landen. Christensen läßt gleichfalls bevorzugt Männer durchs Leben stolpern. Als unbegabte Musiker müssen sie den Abstieg vom Konzertpianisten zum Alleinunterhalter an der Hotelbar verkraften oder – wie in Christensens aktuellem Erzählband – am eigenen Leibe erfahren, welche fatalen Folgen es haben kann, wenn man seinem Stammfriseur untreu wird. Christensen wurde hierzulande mit seinem Roman Yesterday bekannt, den der Protagonist aus der Irrenanstalt erzählt.

Womit wir bei Island wären, dem sich gleich vier Autoren widmen. Der Finne Antti Tuuri verarbeitet in Grosses, kleines Land ein Dutzend Islandreisen zu einem literarischen Landesportrait. Poul Vad aus Dänemark führt uns auf seiner Islandreise an den Fuße des Vatnajkulls und mixt gekonnt Nachforschungen nach einem altehrwürdigen Sagastoff mit unerwarteten Alltagsbegegnungen (beide Do, 18 Uhr). Island – so ihre Botschaft – versammelt damals wie heute jede Menge seltsamer Gestalten; realistische Phantasten, phantastische Realisten.

Was Einar Már Gudmundssons Roman Engel des Universums auf eine betörende Weise unterstreicht. Sein Held Páll ist ein Träumer, ein Kämpfer, ein Anstaltsinsasse und tot. Göran Tunström aus Schweden entspinnt in Der Mondtrinker mit leichter Hand eine anrührende Vater-Sohn-Geschichte (beide Do, 20 Uhr). Warum Island so faszinierend ist? – Wo sonst findet man zu kleinen, feinen Geschichten eine derart großartige Landschaftskulisse? Frank Keil

Alle Lesungen finden im Literaturhaus statt.