Mauergedenkstätte bleibt inhaltsleer

■ Finanzverwaltung sperrt Landesgelder für geplantes Dokumentationszentrum und setzt auf Finanzierung durch den Bund

Das Mauerdenkmal an der Bernauer Straße in Mitte wird erst einmal kein Dokumentations- und Informationszentrum bekommen – denn die Finanzierung ist bisher völlig ungeklärt. Nach Angaben von Gabriele Camphausen, stellvertretene Vorsitzende des Trägervereins „Dokumentationszentrum Berliner Mauer“ und zugleich Geschäftsführerin der Stiftung Topographie des Terrors, ist das Zentrum aber „dringend nötig“, da sonst ein ganzer Abschnitt der Geschichte verschwinden würde: „Es gibt keine Stätte, die den Mauerfall historisch-politisch einordnet.“ Das Haus am Checkpoint Charlie zeige lediglich eindrucksvolle historische Ausschnitte, zum Beispiel eine spektakuläre Ballonflucht, so Camphausen. Jedoch gebe es keine wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung.

„Neun Jahre nach dem Mauerfall steht der Öffentlichkeit damit keine sachlich fundierte Informationsstelle zur Verfügung“, kritisiert Camphausen. Im geplanten Dokumentationszentrum soll die Entwicklung der Bernauer Straße im Mittelpunkt stehen. Sie bildet den konkreten historischen Bezugspunkt. Darüber hinaus, so Camphausen, solle die Straße jeweils in einem größeren politischen Zusammenhang gezeigt werden. So sind multimediale Informationsangebote wie ein digitalisiertes Archiv, aber auch Originalobjekte geplant.

Das Mauerdenkmal der Architekten Kohlhoff und Kohlhoff am Mauerstreifen war im August dieses Jahres eingeweiht worden. Als Ergänzung sollten eine Kapelle für die 1985 auf dem Mauerstreifen gesprengte evangelische Versöhnungskirche gebaut und außerdem ein Dokumentationszentrum im Gemeindehaus der nahe liegenden Versöhnungskirche untergebracht werden.

Doch bisher gibt es keine Finanzierungswilligen. Ein Antrag auf Zuschuß von 2,9 Millionen Mark durch die Lotto-Stiftung wurde abgelehnt. Die Hauptstadt-Kulturförderung des Bundes wolle ebenfalls kein Geld zuschießen, so Camphausen. Die Berliner Kulturverwaltung hat zwar eine Anschubfinanzierung von 80.000 Mark aus dem Topf für Zeitgeschichte zugebilligt, diese sind jedoch derzeit von der Finanzverwaltung gesperrt. Auch die Zahlung von weiteren 300.000 Mark aus dem Kulturetat ist blockiert. Das Geld war ursprünglich als Jahresetat für das Tacheles vorgesehen, wurde aber wegen des Rechtsstreits um das Kunsthaus gesperrt. Die Kulturverwaltung will nun das schon bewilligte Geld für das Informationszentrum umwidmen, bekommt aber auch dafür keine Zusage aus der Finanzverwaltung. „Wir werden alles versuchen, damit die Gelder entsperrt werden“, so Kerstin Schneider, Sprecherin der Kulturverwaltung. Der Grund für ablehnende Haltung der Finanzverwaltung: Sie hofft, daß der Bund „wegen der besonderen politischen Bedeutung“ die Mittel übernimmt, so Barbo Dreher, persönliche Referentin von Finanzsenatorin Annette Fugmann-Heesing (SPD). Julia Naumann