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■ Art Cologne Fatal – Über die Kunst in Köln kam am letzten Tag die FlutBilderversenken

Die Kunst war da. Über Köln prasselten „Max-Ernst-Güsse“ (FAZ) hernieder. Hatte man sich im Museum Ludwig noch nach abgeebbtem Hochwasser in trügerischer Trockenheit gesuhlt, erwischte es die Domstadt nun wieder naßkalt. Opfer der Fluten: die Kunstmesse „Art Cologne“ vom 8. bis 15. November. Die Badenden von Cézanne konnten sich noch rechtzeitig ein trockenes Plätzchen sichern; Leidtragende widriger Witterung einmal mehr: die zeitgenössischen Werke.

Halle 4 und 5 machten die Schotten nicht rechtzeitig dicht und soffen stantepede ab. Vom feuchten Element erfaßt und doch nicht kleinzukriegen: der „kraftvolle späte Schumacher“ (FAZ). Bei den anderen war es ein zäher, aber aussichtsloser Überlebenskampf. Auf Matti Brauns wulstige Plastikmöbel retteten sich millionenschwere Kunstsammler in Lodenkleidung, die beim richtigen Pegelstand die ansonsten häßlichen Objekte scheckbüchern erworben hätten.

Als klügste Lösung erwies sich Michael Werners diesjähriges Konzept „Fort Fun“, eine wasserdichte Konstruktion, die die provisorischen Verkaufsbuden der übrigen Teilnehmer mannshoch überragte und den Fluten lange trotzen konnte. Gisela Capitain ergriff dagegen beherzt Georg Herolds Lattenkonstruktion „Ohne Titel“ und steuerte in Richtung nächstes Jahr bzw. Basel.

Eine Art vorgezogener Trauerarbeit leistete die Galerie Akinci mit Edwin Zwakmans „Zwembad“. In der Sektion der Kölner Kunsthochschule für Medien versuchte ein körniger Schwimmer in Oliver Schwabes Video- und Soundinstallation „Verstärker“ verzweifelt, die benachbarte Zeche Zollverein zu erreichen, die jedoch bereits von Piraten um vier Skulpturen erleichtert worden war (in echt). Für die meisten kam jedoch selbst die Galerie Nothelfer zu spät. Verflogen also „die Atmosphäre für ungestörtes Einkaufen in freundlicher Umgebung“ (FAZ). Viele Besucher verkannten zunächst den Ernst der Lage und falteten aus Seiten der feilgebotenen „Art“-Hefte kleine Schiffchen, die sich bald als fataler Vorwitz entpuppten.

Sensibles foreshadowing hingegen betrieb Rudolf De Crignis mit „Painting 97-20 Ultramarine Blue“. Mit seiner etwas unvorsichtigen Wasserfarbtechnik war es zugleich eines der vergänglichen Werke dieses Herbstes.

Die Weitsichtigen rissen die Überlebenskoffer von Paloma Navares (Adriana Schmidt) an sich. Die Glasbehälter, die praktischerweise die für jede Besucherin überlebensnotwendigen Utensilien (Puder, Parfum und Aspirin) enthielten, blieben praktischerweise auch nach dem Absaufen der Galeriestände an der Wasseroberfläche. Wer jetzt keine Schwimmweste hatte, pumpte sich auch keinen jener soften Claes Oldenburgs mehr auf. Verfrüht auch die Hoffnung auf ein leistungsstarkes U-Boot. „S 65“ war, wie fast alles auf den zig Quadratmetern der Kölner Messehallen, eine Galerie.

Schluß ebenso mit den großen Rettungsphantasien der Moderne. Schlauchboote wie Ideale gab es auch in diesem Jahr auf der „Art Cologne“ – allerdings nur noch „in Schrumpfformen. Eine Art ,Rebirthing‘ in Staubfängergröße hat sich vollzogen, die neue Handlichkeit“ (FAZ).

Nur die fittesten Defätisten unter Galeristen, die sich rechtzeitig Sorgen gemacht hatten, konnten sich schließlich auf das Floß der Medusa retten. Dortselbst erwartete sie bereits der geübte Galeerist Karsten Greve, vormals Leiter der besonderen „Art“, der die besten Ruderplätze geschickt verwaltete. Immerhin schmückten viele herübergerettete Exponate die kahlen Planken des Floßes oder leisteten als Segel gute Dienste – positive Energien, die auf neue Experimente im Trockenen hoffen lassen. The Artists Formerly Known As Nicole Sliwian / Daniel Hermsdorf

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