Vertreiber von Naziliteratur verurteilt

■ Der Buchhändler Pedro Varela muß fünf Jahre hinter Gitter. Es ist das erste Verfahren wegen Leugnung des Holocaust in Spanien

Madrid (taz) – Das Strafgericht in Barcelona hat gestern den spanischen Neonazi Pedro Varela zu fünf Jahren Haft verurteilt. Damit verhängten die Richter die Höchststrafe für die dem Buchhändler zur Last gelegten Delikte „der Aufstachelung zum Rassenhaß und das Leugnen von Völkermord“. Das Verfahren gegen den Inhaber der Buchhandlung Europa in der Innenstadt Barcelonas war das erste seiner Art, da in Spanien erst mit der Einführung des neuen Strafgesetzbuches vor drei Jahren nazistische Delikte strafbar wurden.

Varela, der Widerspruch gegen das Urteil einlegen wird, vertrieb unter Ausnutzung dieser Gesetzeslücke jahrelang ungestört weltweit Naziliteratur. Insgesamt wurden in seiner Buchhandlung im Dezember 1996 bei einer Polizeirazzia 20.972 Bücher beschlagnahmt, 400 Plakate, 34 Kassetten, über 200 verschiedene Flugblätter sowie 105 Videos mit rassistischen Filmen aus Hitlerdeutschland.

In einem Lokal nahe der Buchhandlung betrieben Varela und seine Gesinnungsgenossen von der spanischen Neonaziorganisation Cedade, der Varela vorstand, eine Offset-Druckerei. Mit ihrer Hilfe wurde die internationale Naziszene weltweit mit Propaganda bedient.

Die jüdischen Gemeinden Barcelonas und SOS Rassismus, die im Verfahren gegen die Buchhandlung Europa als Nebenkläger aufgetreten waren und acht Jahre Haft gefordert hatten, kündigten gestern an, jetzt gegen Varela und seine Freunde auch Anzeige wegen „Gründung einer kriminellen Vereinigung“ zu stellen. Unter denen, die damit schon bald vor Gericht stehen könnten, befinden sich so illustre Gestalten wie der österreichische Neonazi Gerd Honsik, Herausgeber des Halt, und sein Landsmann Walter Ochsenberger, Chef der Zeitschrift Sieg. Beide veröffentlichten nach ihrer Flucht vor der österreichischen Justiz mit Varelas Hilfe von Barcelona aus. Reiner Wandler