Großbritannien bald ohne Pfund?

■ Königreich könnte dem Euroland schnell beitreten, sagt der Finanzminister. Er pokert um Einfluß auf die EU-Zentralbank

Dublin (taz) – Wenn es nach dem britischen Schatzkanzler Gordon Brown geht, sind die Tage der Queen gezählt – allerdings nur auf den Sterling-Banknoten. Brown glaubt, daß Großbritannien bereits zwei bis drei Jahre nach einem Referendum das Pfund abschaffen und den Euro einführen könnte – vorausgesetzt, das Volk wird befragt und stimmt zu. Zwar will er den genauen Zeitplan für einen solchen Beitritt erst im Januar vorlegen, doch sein Sprecher sagte, Britannien benötige eine weitaus kürzere Vorbereitungszeit als die Länder, die den Euro schon im Januar 1999 einführen. Dabei handelt es sich um die 16 Staaten der Europäischen Union mit Ausnahme von Großbritannien, Griechenland, Dänemark und Schweden.

Bisher gibt es keine Details darüber, wie lange der nachträgliche Beitritt des Königreichs zum Euroland dauern würde. Allgemein rechnete man auf der Insel aber mit einem längeren Zeitraum als den jetzt angesprochenen zwei bis drei Jahren. Es gebe noch Widerstand der britischen Banken gegen einen solch zügigen Beitritt zur Währungsunion, aber verhindern könnten sie diesen Schritt nicht, ließ Finanzminister Gordon Brown erklären.

Der Euro-Enthusiasmus könnte natürlich taktisch bedingt sein, denn Brown möchte gerne seinen Einfluß auf die europäische Währungspolitik vergrößern. Vom Rat der elf Euro-Länder, einem informellen Ausschuß, der die Währungsunion vorbereitet, ist Großbritannien vorerst ausgeschlossen, doch gemeinsam mit den zehn anderen Finanzministern aus sozialdemokratisch regierten EU-Staaten hofft Brown, die Geldpolitik der unabhängigen Europäischen Zentralbank ein wenig steuern zu können.

Am Sonntag wollen die elf sozialdemokratischen Finanzminister ein Papier unterzeichnen, das der Zentralbank nahelegt, nicht nur auf Preisstabilität zu achten, sondern auch auf die Schaffung von Arbeitsplätzen. „Es ist wichtig“, sagte Browns Sprecher, „daß die neue Allianz der Finanzminister ein Auge auf die Europäische Zentralbank hat und sie zur Rechenschaft zieht, damit sie keine deflationäre Politik fährt.“ Die Bank dürfe den Euro-Teilnehmern keine Steine in den Weg legen, wenn sie Kredite für öffentliche Investitionen aufnehmen wollen, um Rezessionen abzumildern und Jobs zu schaffen.

Darüber hinaus drängen die elf sozialdemokratischen Finanzminister darauf, daß die Zentralbank ihre Pläne für die Zinsrate vorlegt und ihre Sitzungsprotokolle veröffentlicht. „Die Politik der Zentralbank muß Glaubwürdigkeit, Vorhersehbarkeit und Sicherheit fördern“, heißt es in dem sozialdemokratischen Entwurf, der am Montag dem Treffen der EU-Finanzminister (Ecofin) vorgelegt werden soll. „Wir wollen durch Koordinierung unserer Haushaltspolitik für anhaltendes Wachstum und hohe Beschäftigung sorgen.“

Übermorgen reist Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine nach London, um letzte Details des Papiers mit Brown zu besprechen. Die Financial Times spekulierte gestern jedoch, daß der britische Schatzkanzler diesem Papier viel größere Bedeutung beimißt als die meisten seiner europäischen Kollegen, was nicht weiter verwunderlich ist, da Großbritannien dem Euro vorerst fernbleibt und von den entsprechenden Gremien ausgeschlossen ist.

Bei der Zentralbank wird das Papier der sozialdemokratischen Finanzminister für weiteren Unmut sorgen, weil die Bank ohnehin alle Hände voll zu tun hat, ihre Unabhängigkeit gegen die nationalen Banken und die dahinterstehenden politischen Interessen zu verteidigen. Ralf Sotscheck