Unterm Strich

Bye-bye, Schelsky, bye-bye, nivellierte Mittelstandsgesellschaft, bye-bye, Neue Mitte. Der Klassenkampf kehrt zurück, zumindest in den Vorahnungen der Bundesbürger. Das hat Elisabeth Noelle-Neumann herausgefunden und gestern in der FAZ kundgetan. Ein tiefer Riß geht durch Schröderland. „Gleichsam über Nacht“, schreibt Professorin N.-N., „ist eine Polarisierung in Deutschland entstanden, wie man sie nach demoskopischen Langzeitbeobachtungen in Westdeutschland kaum gekannt hat.“ Was heißen soll: Die SPD-/Grünen-Anhänger sind mit der neuen Regierung zufrieden und die CDU-Anhänger eher unzufrieden. Eine Frage nach den dunklen Vorahnungen der Bundesbürger befaßte sich ausdrücklich mit der radikalpolitischen Vergangenheit der Minister Fischer, Trittin und Schily. „Stört Sie das, daß wir nun einige Minister mit so einer Vergangenheit haben, oder stört Sie das nicht?“ 67 Prozent der SPD- Anhänger stört das nicht, bei 15 Prozent Gegenstimmen. 69 Prozent der CDU/CSU-Anhänger stört es, nur 20 Prozent stört es nicht. Es ist demnach kein Wunder, daß in einem solch rauhen Klima die Klassenkampfkurve wieder nach oben zeigt. Den Begriff jedenfalls finden gegenüber 1980, als 58 Prozent der Bevölkerung das Wort für überholt hielten, nun nur noch 41 Prozent überholt. Im Osten Deutschlands klingt Klassenkampf noch recht gewöhnlich. Nur 26 Prozent halten die Bezeichnung (von was eigentlich?) für überholt. Elisabeth Noelle-Neumann folgert: „Fast eins zu eins stehen sich jetzt in Deutschland zwei sehr gegensätzliche Lager gegenüber. ,Würden Sie sagen, Sie sind glücklich oder nicht glücklich über den Ausgang der Bundestagswahl?‘ wurde im November 1998 gefragt. 36 Prozent antworteten ,glücklich‘, 34 Prozent ,nicht glücklich‘, und 31 Prozent wichen der Antwort aus. Was die einen mit Hoffnungen erfüllt, erfüllt die anderen mit Befürchtungen.“ Okay, okay, aber mit was werden die restlichen 31 Prozent erfüllt? Bitte melden.

Ein neuer Luftballon aus der Abteilung K. des Michael Naumann: Die Dokumentation der Shoah-Stiftung wird nach den Worten des Bundes-Kulturbeauftragten voraussichtlich ihren Platz im Jüdischen Museum Berlins finden. Dazu habe es bereits Gespräche mit der Stiftung und dem Jüdischen Museum gegeben. Damit reagierte er auf ein Angebot des amerikanischen Regisseurs Steven Spielberg, Naumann solle ihn in dieser Frage am besten direkt anrufen (siehe taz von gestern). Die Entscheidung des Bundestages über das geplante Mahnmal soll bis zum Frühjahr fallen. Wichtig sei, daß das Parlament über die Gedenkstätte eine „würdige Debatte“ ohne Zeitdruck führen könne, meinte Naumann. „Es gibt kein Monopol des korrekten Gedenkens.“ Das Votum des Bundestages zu dem Mahnmal hat die neue Bundesregierung in ihrem Koalitionspapier festgelegt.