Die DaimlerChrysler-Manager versuchen sich im Chor

■ Die beiden Autoriesen müssen herausfinden, wie sie kooperieren und Geld sparen können

Berlin (taz) – Die Feiern zum „Day one“, dem ersten Tag, an dem die neuen DaimlerChrysler- Aktien gehandelt werden, waren schwierig genug zu organisieren. Tag zwei und all die folgenden werden womöglich noch schwieriger. Nimmt man die Presseerklärung von DaimlerChrysler ernst, sind nur die Firmenchefs Jürgen Schrempp und Robert Eaton, die die ersten drei Jahre zusammen regieren wollen, schon fusioniert. Sie äußerten sich am Dienstag anscheinend stets im Chor. „,Wir sind begeistert vom Start dieses einmaligen Unternehmens‘, sagten Schrempp und Eaton“, heißt es in einer Unternehmensmitteilung. Der Rest der Firma hinkt noch hinterher. Allein die Kommunikation zwischen den beiden 10.000 Kilometer auseinander liegenden Firmenzentralen ist schwierig. In Stuttgart-Möhringen und in Auburn Hills bei Detroit gibt es dafür „Integrationsräume“ mit Videokameras und Bildschirmen für die häufigen Videokonferenzen. Wegen der Zeitverschiebung tummeln sich in der Stuttgarter Kantine noch spät abends die Manager.

„Die eigentliche Arbeit liegt noch vor uns“, gibt Schrempp zu. So will und soll einerseits Mercedes-Benz keinesfalls seine Identität als Luxusmarke verlieren. Eine gemeinsame „Plattform“ wird es für die beiden Marken nicht geben. Das heißt, daß in den Daimler- Karrossen nach wie vor nur das Beste vom Besten verbaut wird – mithin keine Chrysler-Teile. Denn Chrysler setzt vor allem mit seinen Marken Dodge und Plymouth auf erschwingliche Autos. Andererseits müssen trotz aller Unterschiede Synergieeffekte entstehen. Denn die Einsparungen durch gemeinsamen Ein- und Verkauf oder durch gemeinsame Entwicklung sind schließlich die Motivation für Firmenfusionen.

Schon nahmen Schrempp und Eaton ein wenig von dem überschäumenden Optimismus, den sie noch im Sommer an den Tag gelegt hatten, zurück. Natürlich erwarte man Einspareffekte, dürfe dies aber vor allem zu Beginn nicht überschätzen. Rohstoffe zum Beispiel könne man zwar problemlos gemeinsam ordern und durch die schiere Masse die Preise drücken, aber so schnell lassen sich die bestehenden Lieferkontrakte nicht kündigen. Die ursprünglich angepeilten Einsparungen von 1,4 Milliarden Dollar im ersten Jahr wollen sie aber schaffen.

Ein „Integrationsteam“ soll nun die Einsparpotentiale herausfinden und eine Liste von 100 nicht näher beschriebenen „Synergieprojekten“ abarbeiten. Eine der bald zu lösenden Fragen dürfte die Zukunft der in Entwicklung befindlichen Mercedes-Minivans sein. Denn Chrysler ist US-Marktführer in diesem Segment – warum sollte der Daimler-Teil des Konzerns hier dem Chrysler-Teil Konkurrenz machen?

70 Prozent aller Firmenzusammenschlüsse erfüllen nicht die Erwartungen, ergab eine Studie, die Schrempp vor der Fusion in Auftrag gegeben hatte. Er hat sein Bestes gegeben, daß es im Fall DaimlerChrysler anders kommt. Schon grübeln US-Medien darüber, ob es sich in Wirklichkeit gar nicht um eine Fusion handelt, sondern um eine eiskalte Übernahme Chryslers durch die Deutschen. Nicola Liebert