Asche auf dem Haupt

Rainder Steenblock, Umweltminister von Schleswig-Holstein, ist „Mißverständnissen“ aufgesessen  ■ Aus Kiel Heike Haarhoff

Es sei alles ein „großes Mißverständnis“, daß „mir sehr leid tut“. Mit diesen Worten reagierte der schleswig-holsteinische Umweltminister Rainder Steenblock (Grüne) gestern auf den Vorwurf, er habe Ende Oktober die Warnungen des Kieler Innenministeriums ignoriert, der in der Nordsee havarierte Holzfrachter „Pallas“ drohe auseinanderzubrechen, und möglicherweise sei dann eine Ölkatastrophe zu befürchten.

Er sei tatsächlich, gab Steenblock gestern zu, am 29. Oktober vom Staatssekrektär des Innenministeriums während einer Kabinettssitzung über diese möglichen Gefahren informiert worden. Daß er das zunächst in einem Interview mit der taz bestritten hatte, liege daran, „daß ich die Intention der Frage nicht verstanden habe“. Er habe geglaubt, die taz wolle ihm unterstellen, daß Ende Oktober bereits die Ölpest da war und er nicht eingegriffen habe. Das aber hat die taz nie behauptet, „was mir jetzt auch klar ist“, so Steenblock.

Dennoch erkläre dieses Mißverständnis, weshalb er auf die Frage, warum er auf einen Krisenstab des Innenministeriums verzichtet habe, obwohl er bereits wußte, daß die „Pallas“ kaum noch zu retten sei, geantwortet hat: „Ende Oktober ist natürlich völliger Käse.“

Auf Fachebene habe es bereits Ende Oktober Gespräche gegeben, ob der Krisenstab des Innenministeriums hilfreich sein könne. Doch habe damals ja bereits ein Krisenstab im Umweltministerium existiert, „so daß wir gesagt haben, ein zweiter ist nicht nötig“. An den Maßnahmen, die ab Ende Oktober ergriffen wurden, um die „Pallas“ zu retten, habe der Zeitpunkt seines Wissens ohnehin nichts geändert. „Wir gingen damals alle davon aus, daß die „Pallas“ noch abgeschleppt werden könnte.“ Obwohl zu befürchten stand, daß jeder weitere Schleppversuch das Risiko einer Rißbildung im Schiffsrumpf erhöhen würde? „Ja, trotzdem. Die Abschleppversuche waren richtig.“

Auf der Umweltministerkonferenz in Stuttgart, auf der Steenblock gestern weilte, wollte er sich für ein verbessertes Küstenschutzkonzept einsetzen. In der deutschen Bucht müsse stets ein zugkräftiger Hochseeschlepper zur Verfügung stehen, um Ölunglücke zu verhindern.

Unterdessen hüllte sich die SPD gestern in Schweigen. Die umweltpolitischen Sprecher der beiden Regierungsfraktionen waren ebensowenig zu erreichen wie die Fraktionsvorsitzenden Lothar Hay (SPD) und Irene Fröhlich (Grüne). Doch für etwaige Rücktrittsforderungen, so der Sprecher der SPD-Fraktion, Manfred Schröder, sei es ohnehin zu früh. „Erst mal muß die Geschichte analysiert werden.“ Jetzt „Schuldzuweisungen“ zu erheben, sei „nicht nur unfair, sondern unklug und fahrlässig“.

Auch die Kieler Grünen stehen weiterhin geschlossen hinter ihrem Umweltminister. Zwar ist die „Pallas“ an diesem Samstag Thema auf dem Hauptausschuß der schleswig-holsteinischen Grünen. Doch: „Von der Sache her treffen Rainder keine Vorwürfe“, stärkte der parlamentarische Geschäftsführer Martin Hentschel seinem Parteifreund den Rücken. Auch Christian Bussau von Greenpeace bevorzugt „eine sachliche Diskussion“. „Ich warne vor Schnellschüssen“, sagte er. Deutlichere Worte fand dagegen Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD). Dem ZDF sagte sie, der Krisenstab sei „unbrauchbar und die Einsatzleitgruppe der Küstenländer und des Bundes „zu teuer und überflüssig“.

Diese Kritik geht direkt gegen Steenblock. Der hatte in den vergangenen Jahren gegen die Ostsee-Autobahn demonstriert und sich für die Erforschung der Leukämien um das AKW Krümmel eingesetzt. Portrait Seite 13