Kleiner Schritt, richtige Richtung

■ Der Bundestag befaßt sich heute mit der Ökosteuer

Wenn heute der Bundestag die Ökosteuer in erster Lesung durchwinkt, dann ist das für die Grünen eine historische Stunde. Sie haben es geschafft, ihr erstes Reformprojekt zur Welt zu bringen. Es ist allein ihr Kind: Ein wenig zerlumpt schaut es aus, verlustreich verteidigt gegen einen Haufen Feinde – einschließlich des sozialdemokratischen Stiefvaters.

Eine Weile wird es nun Ruhe haben, vielleicht geht die Hoffnung der Grünen auf, daß sich alle an die Anwesenheit des Kleinen gewöhnen und ihm schließlich Raum geben, daß er wächst, um einmal die Umwelt deutlich zu entlasten.

Im März, nach dem Fünf-Mark-Beschluß auf dem Magdeburger Parteitag, sah es noch nach einer Totgeburt aus. Manche prophezeiten, es könnte die Mutter gleich mit hinwegraffen. Doch nun bekam das Kind sogar den Segen der konservativen Wirtschaftsapostel: Die Ökosteuer könne Jobs schaffen, so die Fünf Weisen, wenn auch nur wenige. Immerhin, es ist gesagt.

Die Querulanten aus der Industrie sollten schweigen. Die meisten von ihnen profitieren am Ende, weil sie viel Lohnnebenkosten sparen, aber wenig Ökosteuern zahlen. Auch ist künftig ausgeschlossen, daß die Mineralölsteuer ohne Gegenleistung erhöht wird, wie es die Kohl-Regierung tat: Seit der Wiedervereinigung stieg der Spritpreis im Schnitt fünf Pfennig pro Jahr – ohne gesenkte Lohnnebenkosten.

Freilich hat die Ökosteuer Geburtsfehler: Sie ist zu klein ausgefallen, und weil Schröder nicht mehr als sechs Pfennig auf die Spritsteuer drauflegen wollte, mußten die Preise für Strom und Gas vergleichsweise stark angehoben werden. Während aber die Stromkosten überwiegend von den Verbrauchern getragen werden, ist die Wirtschaft an Spritsteuern stärker beteiligt. Die künftigen Schritte müssen daher stärker am Benzin ansetzen – sein Preis muß um mehr als sechs Pfennig steigen. Auch sollten die nächsten Erhöhungsschritte für mehrere Jahre im voraus beschlossen werden, nur dann gibt es eine Basis zum Investieren in sparsamere Technik. An einem Punkt hätte das Kind gar zum Herkules geraten können: Hätte das Gesetz verhindert, daß Strom aus Gas – anders als der aus Kohle oder Uran – doppelt besteuert wird, wären Gaswerke zum mächtigen Konkurrenten für AKW aufgestiegen. Doch da war der Stiefvater vor.

So ist das grüne Kind etwas mager geblieben, und seine Zukunft bleibt ungewiß. Aber es lebt. Matthias Urbach