Die Vorschau
: Anarchie der Stile

■ Ex-Dissident Hamid Baroudi in Syke

„Es ist doch merkwürdig. Wenn Paul Simon oder Peter Gabriel mit afrikanischen oder asiatischen Musikern zusammenarbeiten, dann werden die dafür gelobt. Wenn umgekehrt afrikanische Musiker sich gegenüber europäischer Popmusik öffnen, wird ihnen Anpassung vorgeworfen“, beklagte sich der Algerier Hamid Baroudi einst in einem taz-Interview über die Mechanismen des Ethnomusikmarktes.

Er selbst arbeitete einst mit Gabriel zusammen. Entdeckt haben ihn aber die Urväter der Weltmusik, die deutsch-internationalen Embryo-Nachfahren „Die Dissidenten“. Im Gegensatz zu ihren meisten Zöglingen zerrten sie ihn nicht aus Hütte oder Zelt in Übersee hervor. Ort der interkulturellen Begegnung war eine europäische Fußgängerzone. Im Alter von 17 Jahren verließ Baroudi Algerien und lebte fortan als Straßenmusiker. Zwischen 1981 und 1991 sang er bei den Dissidenten, um anschließend in Kassel Film zu studieren. Fürderhin war er es, der für Projekte Musiker aus vielen Ländern um sich scharte: aus Ägypten, Japan, Spanien, Frankreich und sogar aus den USA einen Rapper.

Obwohl Baroudi von der Abstammung her mit den Tuaregs, den Nomaden des Maghreb, nichts zu tun hat, fühlt er sich diesen Verächtern von Grenzen seelenverwandt. „Musikalisch bin ich ein Anarchist, frei von Festlegungen.“ Politisch dagegen hält er es mit der Demokratie. Sein „Song for Muhammad Boudiaf“, den 1992 ermordeten Präsidenten, soll innerhalb der algerischen Demokratiebewegung angeblich den Status einer heimlichen Nationalhymne haben. Dabei kommt Baroudis politisches Bewußtsein auch auf seiner neuen CD „Fünf“ in der Regel mit vier Textzeilen aus: „Friede sei mit Dir, Bruder! Komm und trink mit mir einen Tee! Es beruhigt die Seele, sagen die Gnaua.“ Der Musik ist es überlassen, die Idee der Brüderlichkeit zu konkretisieren: Rap, Metalgitarre, Schunkelsalsa, Rai, Tabla, Blues, mal echt, mal gesampelt, mal elektronisch nachempfunden, haben Platz innerhalb eines sonnigen, gelassenen Grundsounds. bk

heute, 20 Uhr, Sparkasse Syke