Microsoft-Prozeß bringt den Konzern ins Schwitzen

■ Neue interne Details werden bekannt: Software-Riese erwägt jährliche Gebühr für Windows

Washington/Berlin (rtr/taz) – Beim Software-Konzern Microsoft dürften demnächst die Vorstände ein E-Mail-Verbot erhalten. Seitdem die US-Kartellbehörde die Computerspeicher der Firma aus Redmond bei Seattle durchgeforstet hat, kann die Anklage im Kartellprozeß mit immer neuen, eigentlich gut gehüteten Details aufwarten. In der US-Hauptstadt wird derzeit darüber verhandelt, ob Microsoft seine marktbeherrschende Stellung bei Software für Personal Computer ausnutzt, um Konkurrenten zu verdrängen und übermäßige Gewinne abzuschöpfen. Im schlimmsten Fall für Konzernchef Bill Gates droht eine gerichtlich angeordnete Aufspaltung seines Unternehmens.

Das neueste interne Schmankerl, am Donnerstag vom Ankläger vorgelegt: Microsoft erwägt offenbar, eine jährliche Nutzungsgebühr für sein weitverbreitetes Betriebssystem „Windows“ zu verlangen. In einem Schreiben an Microsoft-Chef Bill Gates schlägt Konzern-Vizepräsident Joachim Kempin vor, für die Nutzung von Windows-Programmen jährliche Gebühren als „langfristig beste Lösung“ einzuführen. Dies sei aber nicht vor 2001 möglich, wenn eine neue Version des Computerbetriebssystems auf den Markt komme. Das Schreiben datiert vom Dezember 1997. Firmensprecher Mark Murray erläuterte aber, dabei handele es sich nicht um ein Vorhaben, das vor der Realisierung stehe. „Das ist nur eine Idee, die formuliert wurde, damit sie geprüft werden kann.“ Bisher bezahlt der Kunde für Windows eine einmalige Lizenzgebühr.

Der Volkswirt Frederick Warren-Boulton, von der Regierung als Sachverständiger benannt, warf in dem Verfahren Microsoft vor, sein Monopol auszunutzen, um deutlich überhöhte Preise für seine Betriebssysteme zu verlangen. Würde auf dem Markt Wettbewerb herrschen, könnte das Unternehmen derartige Preise nicht durchsetzen. Wieder unter Berufung auf ein internes Dokument des Konzerns fügte er hinzu, Microsoft habe sogar selbst Bedenken gegen seine Preisgestaltung. In dem Schreiben, ebenfalls von Kempin und 1997, hieß es, „unsere hohen Preise“ könnten Computerhersteller dazu veranlassen, eine Alternative zu Windows, etwa in Indien, entwickeln zu lassen.

Microsoft-Vizepräsident Kempin sieht die Dominanz von Windows nach Aussage des Sachverständigen neben der Konkurrenz des Internet-Pioniers Netscape auch durch den Wettbewerber Sun Microsystems mit seiner Programmiersprache „Java“ und den Chiphersteller Intel bedroht. Im Prozeß hatte Intel-Vizepräsident Steve McGeady bereits zuvor ausgesagt, Microsoft habe seine Firma praktisch gezwungen, Software-Pläne aufzugeben, zum Beispiel für ein eigenes Betriebssystem.

Eine positive Meldung immerhin konnte Microsoft gestern herausgeben: In Japan wurde nach einjähriger Dauer der Kartellprozeß eingestellt. rem