Neulich in der Kulturhauptstadt ... (7)

■ ... oder über die geheime philosophische Nähe von Brauhaus und Bauhaus

„Bremen wird Kulturhauptstadt Norddeutschlands“, erklärte die Kultursenatorin Bringfriede Kahrs. Wann das war? Neulich wird es gewesen sein, und dennoch hallt der Satz bis heute nach. Doch wir erklären Bremen schon heute und an dieser Stelle zur Kulturhauptstadt! Denn an dieser Eigenschaft besteht kein Zweifel. Den Beweis tritt in Wort und Bild sowie in lockerer Folge diese Serie an.

Ganz versteckt zwischen Bäumen, trotzdem malerisch an der Weser gelegen, teils umrahmt von dümpelnden Schiffen findet sich am Neustädter Ufer hinter der Bürgermeister-Smidt-Brücke ein wahres Kleinod Bremer Architekturgeschichte. Ein aufgebockter Würfel, in grün gehalten. Ein schnörkelloser Ausleger und ein in seinem Design einzigartig kühl seinem Nutzen untergeordneter Hängerüssel. Durch und durch in nahezu ketzerischer Weise ist das Bauwerk brachial von seiner ureigensten Bestimmung abgegrenzt – dem Menschen Frohsinn einzuflößen. Wurde also der Bauhaus-Stil etwa nicht in Berlin erfunden? Muß das Bauhaus in Dessau etwas von seinem Ruhm abtreten an die Hansestadt? Verweilten Mies van der Rohe oder Walter Gropius selbst zeitweilig an der Weser? Der Eindruck entsteht. Und doch ist das Bauwerk nicht etwa bewußt dem Bauhaus nachempfunden, sondern eher seinem ehemaligen Chefnutzer: dem heutigen Bremer Wirtschaftssenator und Ex-Beck's-Chef Josef Hattig. Ganz in dessen Zack-Zack-Mentalität ist auch dieses Kleinod errichtet, darum der Mangel an Schnörkeln. Und die dem Nutzen untergeordnete Formgebung entspricht eben auch nur diesem Zweck. So entstehen ungewollt Architektur-Kleinode, die Bremen zur Kulturhauptstadt befördern. Auch wenn es sich nur um die Beck's-Malz-Annahmestelle handelt.

Jeti/Fotos: Alex Kröger