Von Quatsch bis Psychoterror

■ Sieben Ex-Mitarbeiter werfen der Geschäftsleitung des "Hauses am Checkpoint Charlie" inhumane Personalpolitik vor. Museumsleitung spricht dagegen von "gutem Arbeitsklima"

Die Arbeitsatmospähre sei von „Angst und Schrecken“ geprägt, Entlassungen erfolgten mit „Psychoterrormethoden“ bis hin zur „Androhung von Gewalt“. Diese Anschuldigungen werden gegen ein Haus erhoben, in das jährlich 370.000 Besucher kommen, um sich über totalitäre Regime zu informieren: das 1963 eröffnete „Haus am Checkpoint Charlie“ unter Regie des geschäftsführenden Vorsitzenden, Rainer Hildebrandt, und dessen Ehefrau.

In einem offenen Brief wenden sich fünf ehemalige Mitarbeiter und zwei Souvenirstandpächter an die Fraktionen des Abgeordnetenhauses, die Parteivorsitzenden und die Medien: „Leisten Sie bitte Ihren Beitrag dazu, daß nicht die Grundlagen des Hauses am Checkpoint Charlie durch die Aktivitäten der Geschäftsleitung zerstört werden.“ Seitdem der 84jährige Hildebrandt vor drei Jahren seine damals 34jährige Ehefrau Alexandra in die Geschäftsführung eingebunden hat, werde eine Personalpolitik praktiziert, die sich „mit humanitären Grundsätzen nicht mehr vereinbaren“ lasse. Seit September vergangenen Jahres seien 12 Beschäftigte entlassen worden unter „unzutreffenden Beschuldigungen wie Diebstahl, Decken von Diebstahl oder Störung des Betriebsfriedens“. Der Fortbestand des Hauses sei finanziell und inhaltlich gefährdet.

Im Haus am Checkpoint Charlie hat sich mittlerweile ein Szenario der Kälte entwickelt, das an alte Mauerzeiten erinnert. Auf der einen Seite stehen die Hildebrandts, die die Entlassungen mit angeblich per Videokamera bewiesenem Diebstahl, nichtbestandener Probezeit und unberechtigten Ansprüchen begründen, auf der anderen Seite zum Teil langjährige Mitarbeiter, die sich als Opfer von Hildebrandts Ehefrau sehen. Ein ehemaliger Mitarbeiter, der in dem Museum einen Souvenirshop betrieb und das Museum im August beschuldigte, falsche Mauerstücke zu verkaufen, macht deren „geldgierige Grundeinstellung“ für das Debakel verantwortlich. Sie setze ihren Ehemann „als Werkzeug“ ein, „indem sie seine Schwerhörigkeit zu ihrem Vorteil nutzt“.

Während einige Klagen vor dem Arbeitsgericht mit außergerichtlichen Vergleichen endeten, sind andere noch anhängig. Offen ist auch noch die Strafanzeige der Souvenirstandpächter gegen Rainer Hildebrandt wegen Nötigung und Verleumdung. Auch der ehemalige Betriebsratsvorsitzende, der nach 17 Jahren Ende September wegen des Vorwurfs der Unterschlagung fristlos gekündigt wurde, erstattete Anzeige: wegen Behinderung der Betriebsratswahlen.

Alexandra Hildebrandt zeigt sich ungerührt von den Beschuldigungen. „Der Brief erschüttert uns nicht“, sagte sie gestern gegenüber der taz. Die Vorwürfe seien „Quatsch“. Im Museum herrsche ein „gutes Arbeitsklima“. Während das Haus bis zum Fall der Mauer einen politischen Charakter hatte, werde das Museum, wie jedes andere Museum auch, „nun nach betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten“ betrieben. Barbara Bollwahn de Paez Casanova