Restlos die Besten

■ Leverkusener Slogans gegen die Unstolperbaren

Christoph Daum liegt viel daran, das Publikum angesichts der wechselnden Lagen des Fußballebens mit immer neuen Instant-Weisheiten, verbalen Handreichungen und Aperçus zu verblüffen. So gab er vor wenigen Wochen als aktuellen Slogan aus, seine Mannschaft strebe nun an, „die Besten vom Rest“ werden zu wollen. Zum Rest zählten nach seiner Lesart all jene Bundesligisten, die nicht Bayern München heißen. Schließlich wären diese Bayern, es sei denn „sie stellen sich selbst ein Bein“, sozusagen unstolperbar.

Offensichtlich hat der Trainer von Bayer Leverkusen mit der so modifizierten Zielvorgabe seinen Spielern die Welt übersichtlicher gemacht. Denn seitdem läuft's. Stefan Beinlich bilanzierte nach dem 5:1-Sieg in Bochum, das Spiel hätte „Riesenspaß“ gemacht. Dabei konnte der böse gefoulte Mittelfeldmann zum Bus nur noch humpeln. Stürmer Erik Meijer diagnostizierte „im Moment einen Lauf“, infolge dessen Bayer immer dann ein Tor schießen würde, wenn es nötig ist.

Schier „totgepreßt“ kam sich Bochums Stefan Kuntz angesichts des imponierenden Pressings der Gäste in Tateinheit mit drastischer Überlegenheit in fast jedem Zweikampf vor. „Man mußte ja schon froh sein, wenn der Ball in der gegnerischen Hälfte war“, stöhnte Kapitän Torsten Kracht und gestand Bayer zu, daß, „wie die gespielt haben, schon erste Sahne war“. Kurzum: zwischen den stark ersatzgeschwächten Bochumern und Bayer Leverkusen konnte auch Trainer Klaus Toppmöller nur noch einen „Klassenunterschied in jeder Hinsicht“ feststellen.

Nach dem fünften Auswärtssieg in Folge durfte Christoph Daum deshalb ungestraft behaupten: „Man muß nicht immer unbedingt nach Holland schauen, um guten Fußball zu sehen.“ Die Abwehr um einen nationalmannschaftswürdigen Libero Jens Nowotny steht fest und sicher, das Mittelfeld ohne behaupteten Spielmacher sprüht vor Ideen, und im Sturm geht es auch mal ohne Ulf Kirsten. Die neue Introspektion (Daum: „Wir schauen in erster Linie auf uns“) sorgte auch dafür, daß Bayer Leverkusen die Nöte der schwächelnden Gastgeber völlig ignorierte und während der gesamten Spielzeit in seinen Bemühungen nicht nachließ.

„Es ist die falsche Methode, immer auf die Bayern zu schauen und den Kopf hängen zu lassen, wenn sie gewinnen, und obenauf zu sein, wenn sie verlieren“, mahnte Nowotny noch einmal. Aber angesichts der zweiten Bayern-Niederlage geraten Bescheidenheit und Innensicht bei Bayer unter Druck. Für Erik Meijer war die Losung von den Besten des Rests („das hat der Trainer gesagt“) sowieso unbefriedigend: „Ich habe noch nie einen Titel gewonnen, es wird mal Zeit.“ Und Christoph Daum orakelte so verdächtig, „da wird noch viel passieren“, daß er demnächst sicherlich wieder mit neuen Verkündigungen vor die Welt treten wird. Christoph Biermann