Kommentar: Spätes Signal
■ Druck auf rechtes "Cafe Germania" wächst
Öffentlicher Druck nützt offenbar doch etwas. Selbst bei der Innenverwaltung. Selbst beim Thema Rechtsextremismus. Seit bald einem Jahr betreibt der über lange Jahre als rechtsextremistischer Kader bekannte Betreiber des Germanencafés seine rechtsextreme Sammelstelle und schmiert dort nicht nur deutsche Stullen, sondern verabreicht auch nationales Gedankengut. Auch wenn die Polizei am Lokal selbst bislang noch keine Gewalttaten feststellen konnte, hat sich die Bedrohungssituation in der Umgebung verschärft. Besonders die Jagd auf Nichtdeutsche und Linke steht in der Normannenstraße hoch im Kurs.
Fast ebenso lange wie das Lokal existiert versuchen AntifaschistInnen auf die Situation aufmerksam zu machen, treffen sich Lichtenberger und Friedrichshainer BürgerInnen, um im Bündnis gegen den Nazi-Treff zu mobilisieren. Mehrfach haben Demonstrationen gegen das Café stattgefunden, zuletzt begleitet vom Lichtenberger Bürgermeister Friedersdorff. Selbst im Abgeordnetenhaus war der Kameradschaftstreffpunkt in der Normannenstraße bereits Thema einer Anfrage. Nur von Seiten der Landesregierung kennzeichnete bislang weitgehend Stillschweigen die Rhetorik.
Mag ein politischer Wechsel die erstaunlich detaillierte und politisch zugespitzte Analyse der Rolle des „Cafés Germania“, die Staatssekretär Kuno Böse gestern abgeliefert hat, unterstützen. Mögen weitergehende Erkenntnisse der Sicherheitsorgane die Notwendigkeit einer geänderten Vorgehensweise begründen. Ohne den öffentlichen Druck wäre eine solche Marschrichtung in der Antwort des Staatssekretärs allerdings nicht zustande gekommen. Ist man doch sonst, besonders im Themenfeld Rechtsextremismus, eine äußerst reservierte Informationspolitik der Innenverwaltung gewöhnt.
Selbstverständlich hat Staatssekretär Böse jetzt kein entschlossenes Vorgehen gegen einen Nazi- Treffpunkt angekündigt. Doch immerhin ist seine Erklärung ein deutliches Signal dafür, daß man bereit ist, das Problem immerhin zuzugeben. Vielleicht gar dafür, daß man sich in der Hauptstadt nicht eine der Zentralstellen des Rechtsextremismus leisten will. Barbara Junge
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