Keine Freifahrt mehr zum Kulturgenuß

■ Spielstätten kündigen Vereinbarung mit BVG für Kombi-Tickets: Karten für Opernhäuser und Theater sollen nicht mehr als Fahrschein gelten. BVG zeigt kein Verständnis für Rückzieher. Grüne: Der Anreiz, A

Die Besucher von Konzerten, Theateraufführungen und anderen Abendveranstaltungen sollen in Zukunft keine vergünstigten BVG-Tickets mehr erhalten. Weil nach Aussagen der Spielstätten die BVG zu hohe Ausgleichszahlungen für die Tickets verlangt, haben Kultureinrichtungen nun die Kombi-Tickets gekündigt, die es möglich machen, die Eintrittskarte als Fahrschein zu benutzen. Das wurde gestern durch eine Vorlage der Kulturverwaltung für den Hauptausschuß bekannt. Die Grünen appellierten daraufhin an die BVG, „ihre überhöhten Preisforderungen zurückzunehmen“.

Mehrere große Spielstätten bieten ihren Besuchern das Kombi- Ticket an, darunter die Deutsche Oper, die Deutsche Staatsoper und die Komische Oper sowie das carrousel Theater. Bis vor kurzem waren noch das Philharmonische Orchester, das Schauspielhaus und das Grips Theater dabei; sie haben ihre Verträge bereits gekündigt, so die Kulturverwaltung in ihrer Vorlage. Auch die Deutsche Oper und das carrousel Theater wollten die Vereinbarung beenden. Die Begründung: Die BVG habe die Preise von einer Mark auf mittlerweile bis zu zwei Mark angehoben, ihr Angebot jedoch nicht verbessert. Angesichts der Sparzwänge der Häuser und der Nutzung der Kombi-Tickets durch nur zehn Prozent der Besucher ziehen es die Einrichtungen vor, aus dem BVG- Deal auszusteigen.

Bei den Verkehrsbetrieben stieß der Rückzieher auf Unverständnis. Die Höhe der Ausgleichszahlungen sei seit Jahren konstant, sagte BVG-Sprecherin Barbara Mansfield. Es sei auch keine Erhöhung geplant. Etwa 2 Millionen Kombi-Tickets verkaufe die BVG jährlich, was der BVG 3 Millionen Mark Einnahmen im Jahr bringe. Wie hoch der Gewinn für die BVG ist, wollte Mansfield nicht beziffern.

Die Gründe für die Kündigungen sah sie woanders. Das Schauspielhaus habe schon 1997 das Kombi-Ticket gekündigt, weil der Etat des Hauses so starkt gekürzt worden sei. Das Grips Theater habe seinen auf zwei Monate befristeten Vertrag nicht verlängert. Vor allem bei den Aufführungen für Schulklassen sei es Lehrern zu umständlich gewesen, zuvor die Karten abzuholen, um sie als Fahrschein zu benutzen. Dafür nutzten aber seit diesem Jahr rund zehn Kindertheater das Kombi-Ticket. Bis zu 60 Prozent der Besucher nutzten das Angebot.

Der stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen, Burkhard Müller-Schoenau, sieht in den Kündigungen eine weitere eindeutige Verschlechterung des Angebots im öffentlichen Nahverkehr. Damit falle bedauerlicherweise ein weiterer Anreiz weg, das Auto stehenzulassen. Jutta Wagemann