Rauch doch erst mal einen

Bündnis beschließt: Hanfparade soll auch im kommenden Jahr veranstaltet werden. Berliner Legalisierungsaktivisten stopfen Finanzloch in die Pfeife  ■ Von Volker Wartmann

Berlin (taz) – Joints kreisten, Pfeifchen zischten, Bongs blubberten. Die Diskussion des Bündnisses Hanfparade e.V. (BHP) über die Gestaltung einer weiteren Hanfparade im kommenden Jahr verlief kontrovers und in erhitzter Atmosphäre. Mit Tips wurde nicht gespart: „Wie bist du denn drauf? Rauch erst mal einen.“

Rund zwei Dutzend der mehr als 150 geladenen Mitglieder waren am Sonntag zu der „alles entscheidenden Mitgliedervollversammlung“ im Café des Hanfmuseums im Bezirk Mitte erschienen. Einziger Tagesordnungspunkt: Liquidierung des Vereins oder Hanfparade 99? Nach mehr als sechsstündigem emotionsgeladenem Hin und Her stand fest: Der Verein bleibt, und auch nächstes Jahr soll es wieder eine Hanfparade in Berlin geben. Zu dem fröhlich-rauchigen Treiben hatten sich dieses Jahr Ende August nach Veranstalterangaben ca. 60.000 Hanfliebhaber aus dem ganzen Bundesgebiet am Brandenburger Tor eingefunden.

Ob die Hanfparade im nächsten Jahr nur in einer „light version“, als politische Rauch- und Latschdemo oder aber als Mega-Party-Event gegeben wird, ist noch unklar. Auch über die Route und den Zeitpunkt der nächstjährigen Demonstration will der neugewählte siebenköpfige Vorstand kommende Woche entscheiden.

Aufgrund diverser Fehlkalkulationen hat das BHP in den letzten zwei Jahren mehr als 50.000 Mark Verbindlichkeiten angehäuft. Vor dem Hintergrund dieses Schuldenbergs und vereinstypischer persönlicher Animositäten konnten sich die Hanfaktivisten über keines der vorgelegten Finanzierungskonzepte verständigen.

Ob der „Markt der Möglichkeiten“ mit Infoständen und Freßbuden in die Hände eines Subveranstalters abgegeben werden soll, blieb ebenso offen wie der Rahmen eines möglichen Kultur- und Musikprogramms. Einig war man sich lediglich über die notwendige „Professionalisierung“ der Aktivitäten. Zur Diskussion stand unter anderem die Schaffung von zwei bezahlten Stellen und verbindlicher Arbeitsgruppen. „In den letzten Wochen haben nach unzähligen Telefonaten, Faxen und Briefen bereits 15 Sponsoren knapp 60.000 Mark für die nächste Hanfparade schriftlich zugesagt“, sagt Martin Müncheberg, Pressesprecher des BHP.

Von den Geldgebern war lediglich HanfHaus-Geschäftsführer Mathias Bröckers anwesend. Im Interesse der Hanfbewegung und potentieller Sponsoren forderte er, die „Trennung von Kommerz und Politik zu überwinden“. Man müsse endlich wegkommen von „stalinistischem Dumpfparolentum“. „Das Thema Hanf muß aus der alternativen Miefecke rauskommen. Das Ziel einer solchen Veranstaltung sollte sein, ,good vibrations‘ für Otto-Normalverbraucher rüberzubringen wie beispielsweise beim Karneval der Kulturen“, so Bröckers. Die „Idee“ werde selbst dann nicht verraten, wenn man die gesamte Veranstaltung von einer großen Brauerei finanzieren ließe. Zudem schlug Bröckers vor, von Beginn nächsten Jahres an einmal monatlich eine Mobilisierungsveranstaltung zu organisieren. Auf seine Nachfragen hätten bereits Szenegrößen wie Dr.Motte und DJ Westbam Interesse bekundet, die Hanfparade eventuell „benefizmäßig“ zu unterstützen.

Die frisch gewählte Vereinsspitze ist trotz der Finanzierungsengpässe optimistisch und motiviert. „Der neue Vorstand zeichnet sich durch eine gesunde Mischung aus Idealismus und Professionalität aus“, sagt Vorstandsmitglied Jürgen Ördög von der Idealistenfraktion. Und Neu-Vorständler Marc-André Janizewski, Geschäftsführer der Eventmanagement-Firma „artevent“, ist zuversichtlich: „Mit gutem Teamwork werden wir es schaffen, auch über das nächste Jahr hinaus eine gesicherte Perspektive für die Hanfparade zu erarbeiten.“ Zum Jahreswechsel würden eine vernünftige Kalkulation und ein ausgereiftes Konzept präsentiert.

Im Chill-out-Raum neben dem Café waren sich die erschöpften Legalisierungsvorkämpfer nach Abschluß der Versammlung einig: „Hauptsache, es geht weiter.“