Präventive Drohungen der Stromwirtschaft

■ Viag-Chef will keine Energiekonsens-Gespräche, die auf Atomausstieg hinauslaufen

Hannover (taz) – Die erste Novelle des Atomgesetzes, die Bundesumweltminister Jürgen Trittin „in den nächsten Tagen“ vorlegen will, ist schon vorab auf Kritik bei der Energiewirtschaft gestoßen. Die Stromerzeuger wollen „für Konsensgespräche nicht mehr zur Verfügung stehen“, falls die Gesetzesänderung „entscheidende Veränderung der Bedingungen, unter denen wir arbeiten“, bringe. Damit drohte der Viag-Vorstandsvorsitzende Wilhelm Simson in der Süddeutschen Zeitung.

Bundesumweltminister Trittin hatte am Wochenende bestätigt, die Gesetzesänderung werde die Wiederaufarbeitung im Ausland verbieten, den Ausstieg zum Zweck des Atomgesetzes erklären und die Versicherungssumme von Atomanlagen von 500 Millionen auf 5 Milliarden erhöhen. Außerdem müsse der Betreiber den sicheren Betrieb seiner Atomanlagen nachweisen. Für das Atommüllendlager Schacht Konrad kündigte Trittin ein entschädigungsfreies Ende des Genehmigungsverfahrens an.

Demgegenüber beharrte jetzt der Viag-Vorstandsvorsitzende Simson, zu dessen Konzern das Bayernwerk gehört, sowohl auf der Wiederaufarbeitung von Brennelementen im Ausland als auch auf einer „Weiterführung der Endlagerprojekte Konrad und Gorleben“. Zwar kann sich auch Simson eine Festlegung von Restlaufzeiten für die AKWs im Konsens vorstellen – auch ohne staatliche Entschädigungszahlungen – allerdings mit einer Nettolaufzeit von 40 bis 60 Jahren. Außerdem will Simson eine Konsensvereinbarung, „die wir nicht als Ausstieg werten“. Ob irgendwann neue AKW gebaut würden, müsse „die dann amtierende Regierung entscheiden“. Jürgen Voges