Sorge dich nicht – klage! Von Carola Rönneburg

Lieber Scherz Verlag!

Im vergangenen Jahr beteiligte ich mich mit einem Beitrag an einem Buch mit Bestsellerkritiken. Es erschien unter dem Titel „Sorge dich nicht, lese! – Siebenunddreißig Glosssen gegen den Bestseller“ bei der Berliner Edition Tiamat, mit dessen Verleger Klaus Bittermann mich ein freundschaftliches Arbeitsverhältnis verbindet. Herr Bittermann liefert mir gelegentlich gegen geringes Zeilengeld einen Artikel für die taz; im Gegenzug schrieb ich ihm gegen ebenso geringes Honorar den oben erwähnten Beitrag.

Wie ich jetzt von Herrn Bittermann höre, haben Sie die „Gerstenberg Rechtsanwälte“ eingeschaltet, weil Ihr Unternehmen „mit ganz herausragendem Erfolg das Werk ,Sorge dich nicht – lebe!‘“ von Dale Carnegie verlegt. Eben wegen dieses großen Erfolges, sagen die Gerstenberger, gelte für „Sorge dich nicht – lebe!“ mehr als nur der Titelschutz: Die „kurze, prägnante Ausdrucksweise“ genüge außerdem „den Anforderungen an eine persönlich geistige Schöpfung“.

Damit, lieber Scherz Verlag, mögen sie ja richtig liegen. Daß allerdings „der flüchtige Durchschnittsverbraucher“ beide Titel verwechseln könnte, also siebenunddreißig Glossen gegen den Bestseller erwirbt und sich erst zu Hause wundert, wo denn bloß der Name von Dale Carnegie, die hübsche Sonnenblume auf dem Einband und vor allem sämtliche Gebrauchsanweisungen für die „Kunst, zu einem von Ängsten und Aufregungen befreiten Leben zu finden“ abgeblieben sind – das will mir nicht einleuchten. So beschränkt darf man selbst als Carnegie-Käufer nun auch wieder nicht sein. Schließlich gilt es, 350 Seiten lang Erlebnisberichte und Zusammenfassungen durchzuhalten.

Schwieriger mag es da schon bei einem weiteren Fall gewesen sein, dem parodistisch angelegten Band „Sorge dich nicht, schwebe!“ aus dem Bielefelder Pendragon-Verlag. Immerhin konnte der botanische Laie die Pusteblume auf dem Schutzumschlag für eine Art Relaunch des Carnegie-Klassikers gehalten haben. Und hier haben Sie ja auch schon Ihre Rechtsansprüche durchgesetzt, das Buch ist nicht mehr lieferbar.

Auch Herr Bittermann unterschrieb eine Unterlassungserklärung, die ihn verpflichtet, seine Bestsellerkritiken nicht mehr unter dem „Sorgedichnicht“-Titel erscheinen zu lassen. Er hoffte natürlich, ähnlich wie der Pendragon- Verlag eine branchenübliche „Aufbrauchsfrist“ eingeräumt zu bekommen, damit er noch ein paar Exemplare der ohnehin kleinen Auflage verkaufen darf. Er machte außerdem ein Schadensersatzangebot und schlug vor, an dieser Stelle die Anwälte aus dem Spiel zu nehmen, um nicht noch mehr Gerstenberggebühren übernehmen zu müssen.

Sie aber, Scherz-Verlag, wollten immer noch keine Ruhe geben, sondern das, was Ihnen nach Auffassung Ihrer weiterhin umtriebigen Anwälte zusteht: den Gewinn aus dem Verkauf der letzten „Sorge dich nicht, lese!“-Bücher. Sieht das nicht ein bißchen sehr gierig aus? Lieber Scherz-Verlag, gucken Sie doch noch einmal in ihren Bestseller, und lesen Sie in Ruhe nach, was Dale Carnegie zu sagen hat: „Vergessen wir unser eigenes Unglück, indem wir unsere Mitmenschen ein wenig glücklich machen.“ Mit freundlichem Gruß!