■ Irak: Anschlag auf Saddam Husseins Vize Issat Ibrahim
: Ein Erfolg der irakischen Opposition

Das Ziel war mit Bedacht gewählt. Die Handgranaten, die am Sonntag in Kerbala detonierten, waren für einen der engsten Vertrauten Saddam Husseins bestimmt. Das Attentat auf Issat Ibrahim zeigt, daß sich Iraks Regimegegner inzwischen an den engsten Führungszirkel um Saddam Hussein herantrauen. Dort dürfte sich spätestens jetzt Nervosität breitmachen – ein klarer Erfolg der irakischen Opposition.

Der Anschlag geschah einen Tag bevor sich in London irakische Oppositionelle versammelten. Zuvor hatten die Regierungen der USA und Großbritanniens den Sturz Saddam Husseins zu ihrem langfristigen Ziel erklärt. Und Ende Oktober hatte US-Präsident Bill Clinton den „Iraq Liberation Act“ unterschrieben und damit allen Versuchen einer Annäherung an den Irak eine Absage erteilt.

Dennoch war das Attentat wohl keine direkte Reaktion auf diese Avancen. Das den Schiiten heilige Kerbala ist eine traditionelle Hochburg der schiitischen Untergrundorganisation ad-Dawa (Islamischer Ruf), die schon nach dem Krieg um Kuwait zum Aufstand gegen das Regime in Bagdad aufgerufen hatte. Damals hatten die Golfkriegsalliierten – allen voran die USA – die Aufständischen im Kugelhagel irakischer Elitetruppen allein gelassen. Sie fürchteten, die vom Iran unterstützten Schiiten würden im Süden Iraks einen Gottesstaat nach Vorbild der Islamischen Republik installieren. Im Norden ließen die Alliierten die Kurden im Stich, weil die angeblich einen eigenen kurdischen Staat ausrufen wollten.

Statt dessen versuchte die US-Regierung, sich ihre eigene irakische Opposition zu basteln. Mit Unterstützung der CIA entstanden die Zweckbündnisse „Irakischer Nationalkongreß“ und „Nationale Irakische Übereinkunft“. Ersteres besteht aus Langzeit- Exilanten ohne Rückhalt in der irakischen Bevölkerung, letzteres ist Anziehungspunkt für Überläufer aus den Reihen des Regimes, die selbst Blut an den Händen haben und an Demokratie kein Interesse. Maßgebliche Erfolge im Kampf gegen Saddam Hussein konnten bisher beide nicht vermelden.

Fast acht Jahre nach dem zweiten Golfkrieg haben Washingtons Nahostexperten dazugelernt. „Wir werden uns nicht über Versuche des Iran beklagen, Schiiten oder andere, die unter Saddam Hussein leiden, zu unterstützen“, heißt es nun aus dem US-Außenministerium. Die Erkenntnis hat sich durchgesetzt, daß auch die USA sich die irakische Opposition nicht aussuchen können. Thomas Dreger