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Grüne haben ein neues Personalproblem

Die politische Geschäftsführerin der Partei, Heide Rühle, wird ihren Posten abgeben. Sie will für die Grünen als Spitzenkandidatin zur Europawahl 1999 antreten. Noch kein Vorschlag für den Parteivorsitz  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

Bei den Grünen wird schon wieder ein Job frei: Die politische Geschäftsführerin Heide Rühle wird ihr Amt aufgeben. Sie will sich für den Spitzenplatz der Grünen zur Europawahl 1999 bewerben. Die Delegierten des nächsten Parteitages Mitte Dezember in Leipzig müssen somit zwei der drei wichtigsten Posten im Bundesvorstand neu besetzen, da auch über die Nachfolge für Umweltminister Jürgen Trittin im Amt des Vorstandssprechers zu entscheiden ist. Nur die Wiederwahl seiner Sprecherkollegin Gunda Röstel gilt bislang als gesichert.

Heide Rühle, die ihr bisheriges Amt seit 1991 innehatte, hält es für „realistisch“, daß der Parteitag eine Verkleinerung des Bundesvorstands und die Schaffung eines Parteirats beschließt, in dem die verschiedenen Ebenen der Partei repräsentiert sein sollen. Für beide Beschlüsse habe sie sich eingesetzt: „Damit habe ich einen Teil der Aufgabe, die ich mir selber gestellt habe, erfüllt und kann mich jetzt neu orientieren.“ Sie sei von „sehr vielen Leuten aus unterschiedlichen Strömungen“ gefragt worden, ob sie fürs Europaparlament kandidieren wolle. Das habe sie in ihrer Entscheidung bestärkt.

Unterstützung für ihre Kandidatur sagten Rühle gestern auch Kollegen im Bundesvorstand zu. Davon abgesehen wurden Personalien nicht erörtert. Das beredte Schweigen spiegelt die prekäre Lage der Gesamtpartei wider: Bisher hat sich die Führungsspitze nicht auf eine gemeinsame Wunschkandidatur für den Parteivorsitz verständigen können. So wagt sich derzeit niemand aus der Deckung, weder mögliche Bewerber selbst noch deren Verbündete.

Ursprünglich hatte Vorstandsmitglied Frithjof Schmidt Interesse am Posten des Vorstandssprechers erkennen lassen. Seit jedoch der Frauenrat mit der Nominierung von Barbara Steffens den Wunsch nach einer weiblichen Doppelspitze ausgedrückt hat, ist von ihm zum Thema nichts mehr zu hören – obwohl Steffens nun doch nicht antreten will. Schmidt hätte die Unterstützung von Teilen der grünen Führungsspitze. Andere aber wünschen sich eine Kandidatur der Hamburger Landesvorstandssprecherin Antje Radcke. Auch sie zögert jedoch noch.

Rühles Entscheidung, ihr Amt aufzugeben, macht die Kandidatensuche noch komplizierter. Reinhard Büdikofer aus Baden- Württemberg sei vielleicht für sie ein geeigneter Nachfolger, heißt es in Bonn. Noch steht aber gar nicht fest, ob der Genannte das überhaupt werden will. Er könnte das angesichts der Quote ohnehin nur, wenn neben Gunda Röstel eine weitere Frau zur Vorstandssprecherin gewählt wird. Die muß aber erst gefunden werden. Siehe oben.

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