Wenn drei sich streiten, läuft das Spiel für Öcalan

■ Bonn will weiter keine Auslieferung des PKK-Chefs beantragen. Özdemir (Grüne): „Rot-Grün hat ein Problem.“ Türkei droht Italien mit Handelskrieg. USA spielen Schiedsrichter und streben Einvernehmen zwischen Deutschland, Türkei und Italien an

Berlin (taz/dpa/rtr) – Der PKK-Chef Abdullah Öcalan wird vorerst nicht von Italien aus an Deutschland ausgeliefert. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) bekräftigte gestern, daß es derzeit zum Thema Öcalan keine neuen Überlegungen gebe. Der innenpolitische Sprecher der bündnisgrünen Bundestagsfraktion, Cem Özdemir, räumte in einem taz- Interview ein, daß die rot-grüne Regierung im Fall Öcalan „ein Problem“ hat. Özdemir schlug vor, Öcalan an den Internationalen Gerichtshof in den Den Haag auszuliefern. Diesen Ausweg habe Öcalan selbst vor geraumer Zeit nahegelegt.

Die Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) bat gestern in einem Telefonat mit ihrem türkischen Amtskollegen Hasan Denizkurdu die Türkei und Italien, eine Lösung zu finden. Dabei begrüßte sie ausdrücklich die Absicht der Türkei, die Todesstrafe abschaffen zu wollen, hieß es aus dem Justizministerium.

Unterdessen forderte die CDU die rot- grüne Koalition auf, in Rom die Auslieferung zu beantragen. Öcalan wurde nach seiner Festnahme am 12. November in Rom unter Auflagen wieder auf freien Fuß gesetzt. Gegen ihn liegen ein türkischer und ein deutscher Haftbefehl vor. Rom verweigert die Auslieferung an die Türkei, da dem Kurdenführer dort die Todesstrafe droht. Die Bundesregierung wehrt sich gegen den Vorwurf der Heuchelei und mangelnder Konsequenz. Der italienische Außenminister Dini hatte gesagt, man habe Öcalan nur wegen des deutschen Haftbefehls festgenommen, nicht, um ihn in Italien zu behalten.

Ankara weitete gestern die Repressalien gegen Italien wegen der Ablehnung der Auslieferung Öcalans aus. So wurde die Ausstrahlung von zwei Kanälen des italienischen RAI-Fernsehens über das Kabelnetz eingestellt. Der EU-Kommissionspräsident Jacques Santer sicherte Italien die Solidarität der EU zu. Wenn die Türkei einen Handelsboykott gegen Italien verhänge, wäre dies ein Vertragsbruch und könnte zu EU-Gegenmaßnahmen führen. Die USA waren am Montag von ihrer Forderung abgerückt, Italien solle Öcalan an die Türkei ausliefern. Washington überlege nun, über das Schicksal Öcalans gemeinsam mit Italien, Deutschland und der Türkei zu befinden, so ein Sprecher des US-Außenministeriums.

Die Uefa verschob aus Sicherheitsgründen das ursprünglich für heute angesetzte Spiel in der Fußball-Champions-League zwischen Galatasaray Istanbul und Juventus Turin um eine Woche. sev

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