: Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine
A
Antz USA 1998, R: Eric Darnell, Tim Johnson
„Die titelgebenden emsigen Ameisen in diesem digitalen Animationsfilm werden von Schauspielergrößen wie Woody Allen, Sharon Stone oder Gene Hackman gesprochen. Selbst die eigentlich recht grausigen Kauwerkzeuge der Sechsbeiner wichen den Gesichtszügen und Persönlichkeiten einiger Stars (in der deutschen Fassung sind die Stimmen der jeweiligen Synchronsprecher zu hören). Die Arbeiter-Ameise Z-4195 sehnt sich nach Individualität im durchorganisierten Ameisenstaat und nach der Liebe der Prinzessin Bala. Sein Freund ist der treue Ameisenmuskelprotz Weaver, sein Feind der totalitäre General Mandible. Rasant, spannend, liebeswert und intelligent. Mainstream, der zufrieden macht, ohne zu unterfordern.“ (tip) CinemaxX, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Passage (Del), Casablanca (Ol)
Armageddon USA 1998, R: Michael Bay, D: Bruce Willis, Billy Bob Thornton, Steve Buscemi
„Logik, selbst deren rudimentäre Reste, darf man von einem Film wie „Armageddon“ nicht erwarten. Hier zählt nur das Wesentliche: Macht kaputt, was euch kaputtmacht – und sicherheitshalber auch alles andere. Alles an diesem Film ist übertrieben und restlos aufgebläht. Doch gerade im selbstironischen Spiel mit den Klischees des Genres entfaltet sich der subversive Witz des Macho-Spektakels.“ (Cinema) Atelier, Filmstudio
B
Bean Großbritannien 1997, R: Mel Smith, D: Rowan Atkinson, Burt Reynolds
„Atkinson und sein Regisseur Smith taten gut daran, den unverkennbaren, clever zwischen Stummfilmheroen wie Langhton und Keaton und modernen Leinwandkasperln wie Lewis und Carrey angelegten Tunichtgut weitgehend unangetastet zu lassen: Immer noch hinterläßt der Kindskopf mit dem Gemüt eines Simplizissimus eine Spur der Zerstörung, ohne sich des Umfangs seiner Handlungen bewußt zu sein.“ (Blickpunkt Film) Filmstudio
Bent Großbritannien 1997, R: Sean Mathias, Lothaire Bluteau, Clive Owen, Mick Jagger / Originalfassung mit Untertiteln
Der Film beginnt wie eine Low-budget-Version von „Cabaret“. Die Schwulen genießen das Nachtleben im Berlin der frühen 30er à la Isherwood, und Mick Jagger singt dazu als Tunte mit Perücke und im Fummel ein Lied. Doch schnell werden zwei Homosexuelle aus dieser dekadenten Idylle gerissen: Den Weg ins Konzentrationslager überlebt nur einer, und dessen Geschichte erzählt der Film nun in radikal stilisierten Bildern. Das KZ ist wie ein absurdes Theater ausgestattet, hier scheinen auch nur der Protagonist, sein Freund und die Wärter zu leben. Alles ist extrem künstlich und dennoch seltsam berührend. Regisseur Sean Mathias hat das berühmte Theaterstück über das Leiden der Schwulen im Nazideutschland und die seelische Verfrostung der Opfer so verfilmt, daß es zwar immer verfilmtes Theater bleibt, er aber die meisten Fallen dieses Stils vermeidet. Hier stört selbst die Dialoglastigkeit nicht, und die Liebesgeschichte ist so universell, daß es völlig nebensächlich ist, wenn sie von zwei Männern handelt. (hip) Kino 46
Bezness Tunesien 1992, R: Nouri Bouzid / Originalfassung mit Untertiteln
„Bezness“ ist das Portrait der jungen Generation Tunesiens, die zwischen den Werten der westlichen Konsumgesellschaft und den Traditionen der arabisch-islamischen Welt hin- und hergerissen wird.“ (Mittelmeerkulturtage Bremen) Cinema
Blade USA 1998, R: Stephen Norrington, D: Wesley Snipes, Kris Kristofferson
„Blade, ein Mensch-Vampir-Hybrid, wurde von Whistler, einem Vampirjäger, darauf abgerichtet, die Kreaturen der Nacht zu töten, deren Aktivitäten immer tollkühner und organisierter werden. Blades Gegenspieler, ein Vampir namens Frost, hofft, die etablierte Vampir-Aristokratie zu stürzen, indem er eine Serie von apokalyptischen Geschehnissen auslöst – die von Vampirpropheten vorhergesagt wurden und die dazu führen sollen, daß die Vampire die Menschheit beherrschen. Man sagt oft, daß die Filme heute wie Comics wirken, aber wie oft stimmt das wirklich? Im Fall von „Blade“ – der auf einem Marvel-Comic basiert – kann ich erfreut berichten, daß all die gespenstischen Farben, phantasmagorischen Bilder, rücksichtlose Action, byzantinischen Intrigen und sublimierten Homoerotismen, die das Comic-Genre auszeichnen, hier in liebevollen Details glänzen. Besonders in diesem Jahr der enttäuschenden Großproduktionen Hollywoods ist „Blade“ knallig erfolgreiche Unterhaltung.“ (Sight and Sound) CinemaxX, Wall-Kino (Ol)
Bremen Historie 1871-1945 Bremen 1998, R: Ulrich Scholz
In der ersten halben Stunde sind Handel und Wandel allzusehr im Vordergrund des Films: Wer wann wo was produziert, exportiert, importiert oder verkauft hat, ist ein recht dröger Lehrstoff. Die Bilder von Hafenanlagen an der Schlachte, von Fachwerk-Speichern oder den dichtumdrängten Marktständen auf dem Marktplatz sind zwar echte Fundstücke, verblassen aber fast angesichts der monoton gelehrt dahinredenden Erzählerstimme. In der zweiten Hälfte der Filmchronik gibt es zum Glück auch Bilder vom Alltag in der Stadt, von Künstlern, dem Verkehrsgewimmel auf der Brillkreuzung usw. Dieser Film wird als Kauf-Videocassette vermarktet, und er soll das ideale Weihnachtsgeschenk für alteingesessene Bremer Eltern sein. (hip) Schauburg
Bube, Dame, König, Gras Großbritannien 1998, R: Guy Ritchie, D: Jason Flemyng, Dexter Fletcher
„Die Uhr läuft, die Zeit drängt – wird der Held es schaffen, innerhalb der gesetzten Frist die Aufgabe zu bewältigen? Wenn nicht, droht ihm Schlimmes, das wird drastisch klargemacht. Hier geht es allerdings nicht primar um die Dimension der Zeit, dieser britische Debütfilm stellt sich einer anderen Herausforderung: Indem er ein komplexes Gegeneinander rivalisierender Parteien entfaltet. In dieser sorgfältigen Konstruktion liegt die eigentliche Qualität des Films, der sich zweifellos auch darin am Vorbild Quentin Tarantino orientiert. So ist es durchaus nicht nur ein Werbeversprechen, wenn man „Look, Stock and Two Smoking Barrels“ als die britische Antwort auf Tarantino bezeichent, als Kombination aus der raffinierten Erzählweise von „Pulp Fiction“ und der Männerweltphantasie von „Reservoir Dogs“. Zumal auch das „Britische“ dabei ein wesentliches Element ist. Sein Manko ist die Erzählweise, die zu sehr von der Verkürzung der Videoclips geprägt ist: die Personen bleiben Typen, jede einzelne Szene spielt auf ein Maximum an Effekten ab.“ (epd-film) Europa
C
Die Cannes Rolle 1998, aus aller Welt 1998, R: allerhand Werbefuzzis
Alle Jahre wieder gibt es diese Rolle mit den knalligsten Werbespots des Jahres. Aber inzwischen gibt es ja schon Fernsehsendungen, in denen nur internationale Werbefilme gezeigt werden. So sensationell wie noch vor ein paar Lenzen, als das Europa-Kino ein ganzes Wochenende lang fast ständig ausverkauft war, sind diese Rollen nun nicht mehr. (hip) Europa, City
Career Girls Großbritannien 1997, R: Mike Leigh, D: Katrin Cartlidge, Lynda Steadman / Originalfassung mit Untertiteln
Ein böser, fast zynischer Titel: Die eine hat gelernt, ihre destruktive Wut zu beherrschen; die andere leidet nicht mehr so offensichtlich an ihrer psychosomatischen Hautkrankheit. Und die Freundinnen Hannah und Annie führen ein geregeltes Mittelstandsleben – das ist schon die ganze Karriere, von der Mike Leigh in seinem neuen Film erzählt. Die beiden Frauen haben in den 80er Jahren eine Zeitlang in einer gammeligen Londoner Wohngemeinschaft gelebt, zehn Jahre später kommt Annie für ein Wochenende Hannah besuchen, und die beiden erinnern sich an ihre schon mehr psychotische als nur wilde Vergangenheit. All jene, die bei „Lügen und Geheimnisse“ so schön mitgeweint haben, seien gewarnt: Mike Leighs neuer Film schließt eher an seinen vorletzten Film „Naked“ an als an seinen großen internationalen Erfolg. Wie damals mutet der britische Regisseur seinem Publikum viel zu: Ruppige, stachelige Störenfriede portraitiert er mit einem genauen Blick aufs möglichst enervierende Detail. Von Annie etwa sehen wir zuerst das Ekzem an der Wange. (hip) Kino 46
D
Dance of the Wind Deutschland/Großbritannien/Indien 1997, R: Rajan Khosa, D: Kitu Gidwani
„Nimm dein Schicksal nicht in die eigene Hand, sondern ergib dich ihm, dann wird alles gut.- In diese zweifelhafte Botschaft mündet der mit vielen internationalen Fördergeldern produzierte indische Film „Dance of The wind“. Geboten wird ein westlichen Sehgewohnheiten gefälliger Mix aus Esoterikschmalz, Kunstbombast und Glaubensklischees: Sängerin Pallavi verliert mit dem Tod der berühmten singenden Mama die Stimme und damit das Vertrauen in sich selbst.“ (Zitty) Cinema
Dr. Dolittle USA 1998, R: Betty Thomas, D: Eddie Murphy, Oliver Platt
„Wie schon in „The Nutty Professor“ wird Eddie Murphy hier wieder von den Special Effects an die Wand gespielt. Die versammelte Tierwelt bewegt in „Dr. Dolittle“ mindestens genauso synchron die Lippen wie die Viecher in „Ein Schweinchen namens Babe“. Aber ich sehnte mich im Laufe das Films immer mehr nach der Unschuld von „Babe“ oder des original Dolittle-Films von 1967. Hier sind die Gags extrem rüde und basieren fast ausschließlich auf Körperausscheidungen und Fürzen. Ich weiß, daß mein 7jähriger Sohn all das lieben wird, denn der Film ist ausschließlich für ein infantiles Publikum gemacht: Er ist „Junk Cinema“! (Christopher Tookey) UT-Kinocenter, CinemaxX, Wallkino (Ol), Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)
E
Ein Fall für die Borger Großbritannien 1997, R: Peter Hewitt, D: John Goodman, Mard Williams
„Für die Familie „Clock“, die zum Völkchen der „Borger“ gehört, ist jeder Kühlschrank ein Everest, jede Küchendurchquerung ein Abenteuer a la „Indiana Jones“. Die zwergenhaften Clocks leben im Häuschen der Lenders, von denen sie sich „borgen“, was sie brauchen. Als ein habgieriger Anwalt das Haus abreißen lassen will, eilt die pfiffige Ariety Clocks zur Hilfe. Die Austattung ist exquisit, die Effekte sind, obwohl kein Hollywood-Standard, charmant. Liebevoller geht's kaum.“ (TV-Spielfilm) Gondel
Der Eisbär Deutschland 1998, R: Til Schweiger, Granz Henman, D: Till Schweiger, Karina Krawczyk
„Man kann's ihm nicht mal verübeln: Til Schweiger ist wohl ein so großer Fan von Quentin Tarantino, daß er für sein Regiedebüt alles haben wollte, was auch Mr. T. hatte: coole Killer, Dialoge über Fast Food und Sex sowie Schußwechsel, bei denen man die Übersicht verliert. Das Ergebnis ist eine allzu läppische und statische, aber bisweilen recht elegant aus Versatzstücken anderer Filme zusammengestoppelte Krimikomödie. Patchwork à la Quentin.“ (TV-Spielfilm) Cinemaxx, UFA-Palast, Passage (Del), Ziegelhofkino (Ol)
Elisabeth Großbritannien 1998, R: Shekhar Kapur, D: Cate Blanchett, Christopher Eccleston, Geoffrey Rush, Fanny Ardant
In England wetzen die Besserwisser schon die Messer, um dem Regisseur Shekhar Kapur all die historischen Fehler seines Films über die „jungfräuliche Königin“ Elisabeth I vorzuhalten. Dabei hatten die Produzenten ihn ja gerade darum engagiert, weil er als Inder nicht den Bildungsballast mit sich herumschleppte, der einen britischen Regisseur niedergedrückt hätte. „Sie wollten einen ignoranten und chaotischen Regisseur“, so Kapur souverän kokett in Venedig. Und der hat ihnen nun ein wundersames Stück Kino hingesetzt: Spannend wie ein Thriller, grandios ausgestattet und mit einer feinen Balance zwischen blutigen Hofintrigen und dem psychologisch tiefen Portrait einer Frau, die dazu gezwungen wird, Macht auszuüben, und dafür ihre Identität und ihr Glück opfern muß. Cate Blanchett verkörpert die Königin wunderbar intensiv und vielschichtig: zugleich dünnhäutig, energiegeladen und später eiskalt. Dies ist alles andere als ein Kostümschinken. (hip) Europa, Casablanca (Ol)
Erklärt Pereira Italien/Frankreich 1995, R: Roberto Faenza, D: Marcello Mastroianni
„Lissabon unter der Salazar-Diktatur Ende der dreißiger Jahre: Der Kulturredakteur Pereira ist der bürgerlich-unpolitische Intellektuelle schlechthin, doch die Begegnung mit einem jungen Regimefeind läßt ihn zum Widerstandskämpfer werden. Aus dem berühmten Buch von Antonio Tabucchi ist ein allzu literarisch-betulicher Film geworden, den jedoch Marcello Mastroianni in seiner vorletzten Rolle mit wärmender Melancholie erfüllt.“ (Der Spiegel) Gondel
Der Exterminator USA 1980, R: James Glickenhaus, D: Christopher George, Samantha Egger
„Zwei ehemalige Vietnamkämpfer finden sich zu Hause nur schwer zurecht. Eines Tages wird einer der beiden überfallen und bleibt gelähmt liegen. Die Rache seines Freundes ist grausam. Eine überaus blutige und brutale Glorifizierung der Lynchjustiz.“ (Lexikon des internationalen Films) CinemaxX
H
Halloween H 20 USA 1998, R: Steve Miner, D: Jamie Lee Curtis, Adam Arkin, LL Cool J
„Happy Birthday, Horror! Vor genau 20 Jahren durfte Jamie Lee Curtis im ersten „Halloween“- Film schreien, was ihre Lungen hergaben (und das war allerhand), und sicherte sich damit den Ehrentitel der ersten und bis heute unerreichten „Scream Queen“. Weil das Genre derzeit wieder Zuschauer lockt, mußte eine Fortsetzung des Kreisch-Klassikers her. Jamie Lee ist älter und reifer und spielt eine erfolgreiche, wenn gleich flattrige Alkoholikerin mit einem Teenager-Sohn, die nur darauf wartet, daß ihr durchgeknallter Killer-Bruder Michael zu Halloween wieder vor der Tür steht. Tut er dann auch. Regisseur Steve Miner richtet das obligatorische Blutbad effizient und mit viel Sinn für die Traditionen an, und Miss Curtis darf beweisen, daß sie noch genauso laut schreien kann wie eh und je.“ (Der Spiegel) CinemaxX
Hamam – Das türkische Bad Italien/Türkei/Spanien 1997, R: Ferzan Ozpetek, D: Alessandro Gasman, Francesca D'Aloja
„Ein römischer Architekt erbt von seiner Tante einen Hamam, ein türkisches Bad, und fährt, um ihn zu verkaufen, nach Istanbul. Angezogen von Stimmung und Menschen, bleibt er und restauriert den Haman. Seine Frau reist ihm nach und findet ihren Mann verändert vor. Das Erstlingswerk eines italienisch-türkischen Regisseurs weist zwar formale Mängel auf und endet klischeehaft tragisch. Doch erzählt es atmosphärisch dicht von einer Selbstfindung dank Sinnlichkeit und kreativer Langsamkeit orientalischer Lebensweise.“ (Zoom) Cinema
Hinter dem Horizont USA 1998, R: Vincent Ward, D: Robin Williams, Annabella Sciorra
Hollywood hat das Jenseits entdeckt. In „Stadt der Engel“, dem US-Remake von Wim Wenders „Der Himmel über Berlin“ spielt Nicolas Cage eionen Engel, der den Sterbenden über die letzte Schwelle hilft. In „Hinter dem Horizont“ bekommen wir gleich eine vollständige, auf dem Computer geschaffene Hollywood-Version des Himmels – und die Hölle noch als Zugabe obendrauf. Der Kinderarzt Chris kommt bei einem Autounfall ums Leben, und wir fahren mit ihm aufwärts. Zuerst sieht er noch, wie seine Frau und Freunde auf seinen Tod reagieren, wandelt auf seiner eigenen Beerdigung durch die Kirchenreihen, aber dann kommt schon der Tunnel mit dem strahlenden Licht am Ende und Chris findet sich – in einem Gemälde seiner Frau wieder. Jeder schafft sich dort oben seine eigene Realität, so die Hauptprämisse des Films. Und da Chis seine Frau noch über den Tod hinaus liebt, wünscht er sich unbewußt in ihre Werke hinein. Das ist natürlich für Vincent Ward eine ideale Gelegenheit für spekulative Spezial-Effekte. Inspiriert durch die Werke von Monet, van Gogh und Caspar David Friedrich schuf er viele wunderschön anzusehenden Welten – Seelenlandschaften ist hier das genau passende Wort. Robin Williams gibt der Figur einen trockenen Witz, der den Film über lange Stecken davor bewahrt, gänzlich im Jenseits-Kitsch zu versinken. Denn das Drehbuch ist die große Schwäche des Films. Alle theologischen Grundprobleme und typisch amerikanischen Ehekonflikte werden in der allzu lehrstückhaften Drmaturgie abgehandelt. So wird der Film im letzten Drittel leider arg pathetisch und verliert so endgültig den übermütigen Charme, den er durch die abgehobenen Spezial-Effekte über lange Strecken hatte. (hip) CinemaxX, UT-Kinocenter
J
Jackie Chan ist Nobody Hongkong 1998, R: Jackie Chan, D: Jackie Chan, Michelle Ferre
„Der Titel ist natürlich glatt gelogen, denn seit der inzwischen 44jährige Martial-Arts-Kasper aus Hongkong auch in Hollywood Fuß gefaßt hat, ist er nun keineswegs ein Niemand mehr. Nobody, sein neuester Streich, wurde allerdings wieder in Hongkong produziert, und man merkt es dem haarsträubenden Machwerk in jeder Sekunde an, daß sich hier ein Meister seines Fachs nach Herzenslust austobt: hinter der Kamera als Drehbuchautor, Produzent und Regisseur, davor als völlig enthemmter Hauptdarsteller. Die hanebüchene Story führt unseren naiven, nach einem sabotierten Kommandoeinsatz in Afrika an Gedächtnisverlust leidenden Helden zu einem netten Eingeborenenstamm, vor dort über eine irrwitzige Wüstenrallye bis ins Zentrum des Bösen: Rotterdam. Jackie mimt und prügelt sich durch haarsträubende Drehbuchverschlingungen, deren Höhepunkte, klar, des Meisters choreographisch einwandfreie Stunteinlagen sind. Das alles kommt so unbedarft und dummfröhlich daher, daß es eine wahre Freude ist.“ (Zitty) UT-Kinocenter, MUWI-Kino (Ol)
Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit
„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarinette jenseits der Sprache ausdrücken kann.“ (Der Spiegel) Cinema
Jurassic Park USA 1993, R: Steven Spielberg, D: Computerdinos, Jeff Goldblum, Richard Attenborough
„Dino-Eier, Wissenschaftler, Vergüngungspark, Big Trouble – Sie wissen schon! Kino 46
K
Kai Rabe gegen die Vatikankiller Deutschland 1998, R: Thomas Jahn, D: Stefen Wink, Sandra Speichert, Heinz Hoenig
„Was macht ein Regisseur wie Thomas Jahn, dessen Erstling „Knockin' on Heaven's Door“ gleich der erfolgreichste deutsche Film des Jahres war? Er kümmert sich gar nicht darum und dreht mit den besten Schauspielern, die es gibt, einfach eine völlig abgefahrene, kunterbunte und todeswitzige Film-im-Film-Horrorliebessexkrimikomödie. Der Regisseur Rufus Lindner dreht für den schmierigen Filmproduzenten Egon Lütter den Horrorthriller „Die Vatikankiller“. Hauptrolle: Kai Rabe, Superstar und ständig blau. Als echte Leichen bei den Dreharbeiten auftauchen, nimmt Kommissar Krüger, der selbst nicht von der Flasche lassen kann, die Ermittlungen auf. Die schräge Mixtur hat alles, was man von einem Film mit solch einem Titel erwartet, auch wenn nicht jeder Gag sitzt. Sollte das Publikum nur halb soviel Spaß im Kino haben, wie die Darsteller offenbar beim Drehen, dann ist der nächste Erfolg für Jahn gebongt.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, City, Ufa-Palast, Wall-Kino (Ol)
Kalle Blomquist – sein neuer Fall Schweden 1997, R: Göran Carmbeck, D: Malte Forsberg, Josefin Arling
„Drei Kinder werden in die Entführung eines Professors und seines Sohnes verwickelt. Gemeinsam gelingt es ihnen, den Plan der Kidnapper zu vereiteln und sie der Polizei auszuliefern. Neuverfilmung eines Jugendkrimis von Astrid Lindgren um ihren jungen Meisterdetektiv Kalle, die in ihrem Patriotismus leicht angestaubt wirkt. Doch die jungen Darsteller vermitteln in ihrem lebendigen Spiel überzeugend ein von Rollenklischees fast freies Bild jugendlicher Freundschaft.“ (Zoom) Schauburg
L
Das Leben ist schön Italien 1998, R: Roberto Benigni, D: Roberto Benigni, Nicoletta Braschi
„In seinem vieldiskutierten (und -prämierten) Film spielt Benigni einen lebenslustigen jüdischen Buchhändler, der nach einigen Jahren glücklichen Familienlebens mit seinem vierjährigen Sohn in ein deutsches Vernichtungslager gebracht wird, in das ihm seine junge Frau aus freien Stücken nachfolgt. Der Vater, der sein Kind im Lager verstecken kann, redet diesem ein, das Ganze sei nur ein großangelegtes Spiel, bei dem der Gewinner mit einem richtigen Panzer belohnt werde. Benignis melancholische Clownerien und das vorzügliche Spiel aller Beteiligten machen dieses ebenso bewegende wie burleske Lagermärchen zu einer hintergründigen Tragikomödie.“ (Neue Zürcher Zeitung) Schauburg, City, Casablanca (Ol)
Die Legende von Pinocchio Deutschland/Großbritannien/Frankreich 1996, R: Steve Barron, D: Martin Landau, Udo Kier
„Die kleine Holzpuppe möchte so gerne ein richtiger Junge sein. Und mit ein bißchen Hilfe von den „Muppet“-Pupppenkünstlern um „Turtles“-Regisseur Steve Barron wurde dieser Klassiker der Jugendliteratur zu neuem Leinwandleben erweckt. Gut wie immer: Oscar-Preisträger Martin Landia („Ed Wood“) als Gepetto.“ (TV-Spielfilm) UFA-Palast
Lola rennt Deutschland 1998, R: Tom Tykwer, D: Franka Potente, Moritz Bleibtreu, Joachim Krol
„Selten war ein Filmtitel passender: Der Name von Tom Tykwers neuem Ganovenstück ist Programm. Denn Lola hat ziemlich genau zwanzig Minuten Zeit, ihren Freund Manni davon abzuhalten, mächtig Scheiße zu bauen. 100.000 Mark muß er um zwölf Uhr Gangsterboß Ronnie übergeben, doch Mannie läßt die Plastiktüte mit dem Geld in der U-Bahn liegen. In seiner Verzweiflung will er einen Supermarkt überfallen, aber Lola fleht ihn an zu warten: „Mir fällt doch immer was ein!“ und sie rennt los, quer durch Berlin. Mehr darf man gar nicht verraten, ohne zum Spielverderber zu werden. Eines verrät der Film aber sehr bald: daß Tom Tykwer („Winterschläfer“) zur Zeit einer der innovativsten und mutigsten deutschen Filmemacher ist. Ähnlich wie z.B. ein Oliver Stone nutzt er alle Möglichkeiten des Mediums, mischt Zeichentrick und Handkamera, wilde Schnitte und sogar Polaroids zu einem atemberaubenden Genremix. Die Besetzung ist ein einziger Glücksgriff, die Musik (u.a. von Ex-„Spliff“-er Reinhold Heil) ein Hit.“ (TV-Spielfilm) Europa
M
Mulan USA 1998, R: Barry Cook, Tony Bancroft
„Mulan ist der seit langem gelungenste Zeichentrickfilm von Disney: schwungvoll, witzig und streckenweise hochdramatisch, auch tragisch, aber nicht sentimental. Die Figuren sind weniger niedlich, mehr menschlich gezeichnet, und so wirken ihre Schicksale wirklich anrührend. Die Orientierung nach Osten hat das Produktionsteam sichtlich beflügelt. Die Chefzeichner mixten ihre moderne Comicstrip-Kunst mit klassischer chinesischer Malerei, was man besonders besonders an den Landschaftsentwürfen sehen kann, und bei den großen Schlachtszenen werden gar Erinnerungen an die Epen des jüngst verstorbenen Akira Kurosawa wach. Die Figuren und Kostüme sind asiatischen Vorbildern nachempfunden, Mulans Gesicht etwa entspricht mit zierlichen Zügen und Kirschmund dem chinesischen Schönheitsideal. Sie ist Disneys erste Heldin, die nicht aussieht wie Barbie.“ (Cinema) CinemaxX, Ufa-Palast, UT-Kino, Wall-Kino (Ol)
N
Die Newton Boys USA 1998, R: Richard Linklater, D: Matthew McConaughey, Ethan Hawke, Skeet Ulrich
„Die Gentlemen bitten zur Kasse – so könnte der Untertitel für Richard Linklaters lässigen Spätwestern lauten, der die wahre Geschichte der erfolgreichsten und wohl coolsten Bankräuber Amerikas erzählt. Und dabei ist es absolut kein Zufall, daß Skeet Ulrich manchmal wie Buster Keaton aussieht und die bankräubernden Brüder sich bei ihren Brüchen bisweilen wie die „Keystone Cops“ gebarden. „Slacker“-Regisseur Richard Linklater hat einen Western gedreht, der eigentlich der Stummfilmära und ihren Männern ohne Nerven huldigt. Letzten Endes aber sind auch die Newton Boys nur ein Haufen Slacker (= Rumhänger) im Wilden Westen anno 1919.“ (TV-Spielfilm) UFA-Palast, Ziegelhof-Kinos (Ol)
P
Pecker USA 1998, R: John Waters, D: Edward Furlong, Christina Ricci, Lili Taylor
„Pecker ist ein vergleichsweise harmloser Film des professionellen Bürgerschrecks John Waters, dessen Ambition sich in dem guten Vierteljahrhundert seit seinen Anfängen konsequent durchhielt: Provokation durch Erzeugung von maximal schlechtem Geschmack. „Pecker“ ist nun kompromißbereiter und zielt auf ein größeres Publikum. Titelheld ist ein 18jähriger charismatischer Fotokünstler. Der passionierte Blick durch die Linse des charmanten Jungen verleiht der alltäglichen und skurrilen Umgebung Baltimores, in dem seine Familie und seine Freunde leben, einen ganz besonderen Touch. Waters zeichnet in seiner schräg-utopischen Phantasie einen ganz und gar sympathischen Helden, der sich nichts aus Ruhm und Karriere macht, seine Unschuld und Integrität inmitten der handgreiflichsten Versuchungen bewahrt. Dies gilt hier hier übrigens für alle in dem Film: egal ob mit Kunst, Lumpen, Waschsalons, Stehlen oder Strippen beschäftigt – sie gehen ihrer Profession mit Würde und Aufmerksamkeit nach, Erfüllung, nicht Karriere suchend. Eine Utopie, wie gesagt, und ein Stück Gesellschaftskritik.“ (epd-Film) Schauburg
Der Pferdeflüsterer USA 1998, R: Robert Redford, D: Robert Redford, Kristin Scott Thomas
Der Westernmythos hat schon die seltsamsten Verwandlungen durchgemacht – jetzt ist er bei den Frauen gelandet. Robert Redford bildete schon mit Paul Newman zusammen in „Butch Cassidy and Sundance Kid“ solch ein schönes Paar von Outlaws, daß sich diesen Western damals fast genauso viele Zuschauerinnen ansahen wie Männer. Als Tom Booker ist Redford nun ein altgewordener Sundance Kid, der statt des Revolvers nur noch das Lasso schwingt. Als der Pferdeflüsterer versteht er sich so gut auf die Tiere, daß er sie ohne Zwang durch Gesten und in die Ohren geflüsterte Laute zähmen und trainieren kann. Auf dem Umweg über ihr Pferd heilt Booker auch die Seele der 14-jährigen Grace, die bei einem fürchterlichen Reitunfall ein Bein verlor. Ihre Mutter wird durch die Landluft von Montana nicht nur ihren obsessiven Ehrgeiz und New Yorker Zynismus los, sondern verliebt sich natürlich auch in Cowboy Redford. Die Romanvorlage von Nicolas Evans ist bereits ein Bestseller, und einige enthusiasmierte Leserinnen aus meinem Bekanntenkreis warten schon seit Monaten sehnsüchtig auf den Film. Für solch ein Publikum kann der Film gar nicht lang genug sein, aber seltsamerweise stört man sich auch als unvorbelasteter Zuschauer nicht an seinen 159 Minuten. Redford hat ein genaues Gefühl dafür, wie er den Kitsch, der hier natürlich bei jedem Pferdeschnauben droht, im Zaume halten kann. Dies ist ein Taschentuchfilm – keine Frage –, aber der Herzschmerz wird so geschickt, klug und geschmackvoll präsentiert, daß man/frau sich der feuchten Augen nicht zu schämen braucht.“ (hip) Gondel, UT-Kino, CinemaxX, Passage (Del), Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)
Ponette Frankreich 1996, R: Jacques Doillon, D: Victoire Twivisol, Marie Trintignant
„Die fünfjährige Ponette stellt die Abwesenheit in Abrede – den Tod der Mutter. Die Beharrlichkiet, mit der sich die Kleine weigert, die unwiderrufliche Leere zu akzeptieren, hat geradezu existentielle Größe. Ponette kämpft: Gegen die albernen Jesusgeschichten der Tante, gegen das Unverständnis des Vaters und gegen die eigene Trauer. Dabei stellt sich die Kindlichkeit der Fünfjährigen vor das Pathos der sogenannten letzten Dinge, während der Ernst der Dialoge den Film vor pittoreskem Kinderkitsch bewahrt. Man kann sich Doillons Heldin einfach nicht entziehen, ihrem nachdenklichen Trotz, ihrem skeptischen Blick, ihrer Entschlossenheit, es allen zu zeigen, inklusive Jesus, „diesem Blödmann“. (tip) Cinema
R
Die Rote Violine Kanada/Italien 1998, R: François Girard, D: Carlo Cecchi, Irene Grazioli, Samuel L. Jackson
„Eine kleine Violine auf der Reise durch die Länder und Jahrhunderte, ein perfektes Instrument, das herzzerreißende Töne von sich gibt und jeden seiner Besitzer das Leben kostet: Das klingt nach sattem Kitsch. Tatsächlich ist Francois Girards Film sentimental, aber eben auch sehr phantasievoll und unberechenbar, legendenhaft pathetisch, ein bißchen esoterisch und schließlich – raffiniert strukturiert. Er funktioniert. Vielleicht nicht zuletzt deshalb, weil sein Thema, nur matt verschleiert durch eine Liebesgeschichte zwischen dem Geigenbauer und seiner Frau, ungewöhnlich ist. Die fünf geschickt verklammerten Episoden enthalten fünf Märchen über die fast besessene, unbedingte Hingabe an die Musik oder wenigsten an ein Musikinstrument. Der Film wird zur Zeitreise, Lebensreise, Weltreise.“ (epd-film) Atlantis
S
Scherben Deutschland 1921, R: Lupu Pick, D: Werner Krauß, Hermine Straßmann-Witt / Stummfilm mit live-Begleitung auf Blasinstrumenten und Percussion
„Bedeutender deutscher Stummfilm. Der gewissenlose Verführer einer Bahnwärterstochter treibt deren verzweifelte Mutter in den Tod und läßt den Vater zum Mörder werden. Ein kammerspielartiger Versuch, dem wirklichkeitsfernen Monumentalstoff und expressionistischen Film der frühen zwanziger Jahre Alltagsthemen aus der Welt der „kleinen Leute“ entgegenzusetzten. Trotz kolportagehaftem Anstrich wegweisend für den späteren Filmrealismus.“ (Lexikon des internationalen Films) Kino 46
Sie liebt ihn – Sie liebt ihn nicht USA/Großbritannien 1998, R: Petrer Howitt, D: Gwyneth Paltrow, John Hannah
„Was wäre, wenn die Londoner PR-Agentin Helen ihre U-Bahn noch kriegen würde statt sie zu verpassen? Nach zehn Minuten läuft der Film ein paar Herzschläge zurück, und diesmal schafft es Helen, die sich schließende Tür des Wagens offenzuhalten. Von nun an vermischen sich die beiden Geschichten: Im Strang eins nimmt Helen ein Taxi, wird überfallen, kommt deshalb später nach Hause und findet dort ihren Freund Gerry etwas zerzaust. Im zweiten Strang kriegt Helen die Bahn, begegnet dem Schicksal in Form des netten Charmeurs James, kommt heim, findet Garry im Bett mit seiner alten Flamme Lydia und zieht aus der Wohnung aus. Verwirrt? Nicht für lange, denn wenn die beiden Stränge sich überkreuzen, kommt ein dramaturgischer Trick zum Einsatz, der alles einfacher macht. Was tun Frauen, wenn sie sich aufmuntern müssen? Sie wechseln natürlich ihre Frisur. So wird aus Helen 2 eine Blondine, und der Vorteil einer zweiten Gwyneth Paltrow, die in London herumläuft, wird nicht mehr durch erzählerische Komplikationen getrübt. Howitt beweist beim Verweben der beiden Geschichten viel Talent als Regisseur, aber in ersten Linie ist dies ein Schauspielerfilm, weil Paltrow und John Hannah das Material nicht nur tragen, sondern aufheben. Das Drehbuch ist längst nicht so witzig, wie es gerne wäre, aber die beiden Hauptdarsteller verführen uns dazu, über die Pointen zu lachen und tun dies zudem mit einer beeindruckenden Leichtigkeit.“ (The Observer) CinemaxX, Passage (Del), Casablanca (Ol)
Der Soldat James Ryan USA 1998, R: Steven Spielberg, D: Tom Hanks, Matt Damon
„Steven Spielbergs sowohl nüchterner wie auch großartiger Kriegsfilm gibt dem Genre Leidenschaft und Sinn zurück, und er tut dies mit solch einer sogartigen Kraft, daß er es ganz neu zu erfinden scheint, und dabei blendet er mit der Intensität seiner Imagination. Keine allgemein anerkannten Konventionen – dramaturgisch oder ideologisch –, schwächen diese Leistung ab. Dieser Film sieht einfach so auf den Krieg wie noch keiner vor ihm. Obwohl die Erfahrungen, die er vermittelt, zermürbend sind, ist es der Film selbst nie.“ (The New York Times) CinemaxX, UT-Kino, Passage (Del)
Spiel auf Zeit USA 1998, R: Brian De Palma, D: Nicolas Cage, Gary Sinise
„Attentäter, die einen Spitzenpolitiker umbringen wollen, sind in der Regel gut geraten, wenn sie Gelegenheit dazu an einem stillen Örtchen suchen. Sportlicher, spektakulärer und also kinomäßiger ist es hingegen, das Ding vor großem Publikum über die Bühne gehen zu lassen; nicht umsonst hat Hitchcock mit einem Attentat in einem Sinfoniekonzert Furore gemacht. Da es den Regisseur Brian de Palma wieder einmal lockte, Hitchcock übertrumpfen zu wollen, hat er nun ein Attentat in einer Boxkampfarena in Szene gesetzt, wobei der Todesschuß genau im Augenblick des K.O.-Schlags fällt. Das Arrangement ist zwar konspirationstechnisch absurd, aber filmsportlich ergiebig, weil es der Effekthascherei Tür und Tor aufreißt. Während Nicolas Cage – bis zur Selbstparodie überdreht – als korrupter Cop auf Verbrecherjagd dem Publikum Dampf macht, kann sich De Palma mit lügnerischer Rückblende, Kamera-Sturzflug, Pirouette und Purzelbaum den Ekstasen der zweckfreien Virtuosität hingeben.“ (Der Spiegel) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall-Kino (Ol), Gloria (Del), Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen) / Originalfassung ohne Untertitel: Atelier
Stadt der Engel USA 1998, R: Brad Silberling, D: Nicolas Cage, Meg Ryan
„Als Vorlage zu diesem kraftvollen Schmalzwalzer diente, kaum zu glauben, Wim Wenders' meditativer „Himmel über Berlin“ von 1987. Von der transzendentalen Vertracktheit des Originals ist kaum noch etwas zu merken, aber Nicolas Cage liefert als Engel alles an zartfühlender und sexy Empathie, was das Herz der Frau von heute begehrt.“ (Der Spiegel) Filmstudio
T
Tango Spanien 1997, R: Carlos Saura, D: Miguel Angel Sola, Cecilia Narova
„Um Tanz und Leidenschaft geht es bei Carlos Saura (“Carmen) nicht zum ersten Mal: Hier spielt sich die Geschichte von Liebe und Eifersucht in einem Film-im-Film-Drama ab. Tolle Tänzer, Musik von Lalo Schifrin.“ (TV-Spielfilm) Atlantis
Titanic USA 1997, R: James Cameron, D:; Leonardo Di Caprio, Kate Winslet
Im Kino will und will sie nicht untergehen. UFA-Palast
True Stories USA 1986 R: David Byrne, D: David Byrne, John Goodman / Originalfassung mit Untertiteln
Der Musiker David Byrne („Talking Heads“) stellt in seinem ersten und bisher auch einzigen Film als Erzähler und Fremdenführer die kleine texanische Stadt Virgil vor: die Computerfirma, mit der fast jeder im Ort etwas zu tun hat, das Einkaufszentrum, die Aluminiumhäuser aus dem Katalog. Mit Byrne besuchen wir die Festivitäten anläßlich der 150-Jahr-Feier: Eine Parade, Modevorführungen und eine Talentshow, wo sich die skurillen Details häufen, so daß man beim ersten Ansehen gar nicht alles mitkriegt. Im Grunde ist dies der Film eines Flaneurs. Byrnes Arbeitsmethoden sind die eines neugierigen Bummlers, der sich von der herzlich idyllischen Atmosphäre der Provinz beinflussen läßt und letztlich an der Oberfläche bleibt, ohne die Verhältnisse zu analysieren oder gar zu kritisieren. Dafür kann man in „True Stories“ viele Entdeckungen machen. Der Film ist voll von witzigen, rührenden, schönen Kleinigkeiten, und Byrne gibt uns die Freiheit, danach zu suchen. Keine manipulierte Bildersprache, keine fesselnde Handlung zwingen uns eine zielgerichtete Sehweise auf. Man kann duch den Film flanieren: amüsiert, verdutzt, intelligent unterhalten. (hip) Kino 46
Die Truman Show USA 1998, R: Peter Weir, D: Jim Carrey, Jaura Linney, Ed Harris
Hatten Sie nicht auch schon manchmal das Gefühl, Sie wären in einem schlechten Film oder – noch schlimmer – in einer Fernsehserie? Genau dieser Verdacht beschleicht Truman Burbank eines Morgens, als direkt vor seine Füße ein Scheinwerfer aus dem strahlend blauen Himmelszelt fällt. Aber Trumans Himmel ist genaugenommen eine Kuppel: Ein riesiger künstlicher Dom, unter dem eine ganze Kleinstadt konstruiert wurde. Und all das nur für Truman Burbank, denn dieser ist, ohne es zu wissen, seit seiner Geburt der Star einer täglich rund um die Uhr gesendeten Fernsehserie. Alle Bewohner von Seahaven, all seine Freunde, Arbeitskollegen, seine Ehefrau sind Schauspieler. Nur er glaubt, ein authentisches Leben zu führen, und ahnt lange nichts von den 5.000 versteckten Minikameras, die ihn in jedem Winkel seiner kleinen Welt beobachten. Der Film erzählt davon, wie er langsam erkennt, daß er der einzige Untertan eines totalitären Systems ist, daß ein „1984“ nur für ihn geschaffen wurde. Die Besetzung der Hauptrolle durch den Zappelphilipp Hollywoods zeigt, welch ein gewiefter Regisseur Peter Weir ist. Alle Mankos von Jim Carrey – sein manisches Wesen, sein zu breites Lächeln, seine plakative Körpersprache – machen ihn zur Idealbesetzung von Truman, denn dieser wurde ja von einem Fernsehstudio sozialisiert. „Die Truman Show“ ist eine scharfsinnige und sehr komische Satire auf die Entwicklung der Medien, die Obsession eines Millionenpublikums mit Fernsehserien und ihre Gier nach immer mehr „reality“. (hip) Schauburg, CinemaxX, UT-Kinocenter, Casablanca (Ol), Lichtspielhaus (Del)
V
Velvet Goldmine Großbritannien 1998, R: Todd Hayner, D: Ewan McGregor
„Das Erhabene und das Lächerliche – in der Ästhetik des Glam Rock waren sie schon immer eineiige Zwillinge. Nur konsequent, daß sich auch das Glamourmedium Film an diese Glamourphase erinnert. „Velvet Goldmine“, Todd Haynes Kinobilderbogen, erzählt die Geschichte eines David Bowie nachempfundenen Rockstars, und er erzählt sie von ihrer großartigen, mythenkompatiblen Seite: Triumph und Verrat, Rausch und Katzenjammer, The Rise and Fall of ... Doch wer glaubt, dieser Film sei einer über die siebziger Jahre, irrt. Es ist ein Film darüber, wie die späten Neunziger sich die frühen Siebziger wünschen: eine verlorenen Episode voller schöner Gesten, romantischer Helden, androgyn, sexy, schwelgerisch und dekandent wie der Adel im 18. Jahrhundert. Kreuz und quer, auch durch die Geschlechter, lümmeln sich Leiber auf Tudorsofas und nehmen Drogen.“ (taz) CinemaxX, City
Verrückt nach Mary USA 1998, R: Peter & Bob Farrelly, D: Cameron Diaz, Ben Stiller, Matt Dillon
„Geschmacklosigkeiten unter der Gürtellinie – und doch ist irgendwas dran an dieser Komödie: In Reißverschlüsse eingeklemmte Geschlechtsteile, Sperma als Haargel, in Ganzkörpergips verpackte Schoßhunde – ziemlich krank, oft daneben und zum Schreien komisch. Und wer wäre nicht verrückt nach „Mary“ alias Cameron Diaz.“ (TV-Spielfilm) CinemaxX, UT-Kino, UFA-Palast, Wall-Kino (Ol), Lindenhof-Lichtspiele (Wildeshausen)
W
Wieder allein zu Haus USA 1997, R: Raja Gosnell, D: Alex D. Linz, Olek Krupa, Rya Kihlstedt
„Nicht mehr der Original-Kevin, sondern der Frechdachs Alex ist diesmal allein zu Haus. Und gleich vier Gegner sehen sich seinen ausgefuchsten Attacken mit Murmeln, Spielzeugrobotern und Leim ausgesetzt. Beinahe fühlt man gar Mitleid mit den internationalen Top-Gangstern, die trotz ihrer High-Tech-Ausrüstung noch mehr Verbrennungen und Erfrierungen, Schrammen und Beulen einstecken müßen als ihre Vorgänger.“ (tip) Kino 46
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