Die rote Karte gibt es künftig schon vor dem Foul

■ Geplante Verschärfung des Polizeigesetzes umfaßt auch die Einführung von mehrtägigen Aufenthaltsverboten. SPD gibt Weg für verfassungsrechtlich umstrittene Gesetzesänderung frei

Der Weg für eine Verschärfung des Polizeigesetzes ist jetzt frei. Die SPD hat die Vorschläge ihrer InnenpolitikerInnen, verdachtsunabhängige Kontrollen punktuell zu genehmigen, auf ihrer Fraktionssitzung am Dienstag abend zustimmend zur Kenntnis genommen. Der mit dem Koalitionspartner CDU in der vergangenen Woche ausgehandelte Kompromiß zur Schleierfahndung kann nun in den Senat eingebracht werden.

Mit der erweiterten Kontrollbefugnis hat die Große Koalition jedoch noch eine weitere Verschärfung beschlossen. In einem zusätzlichen Artikel im Polizeigesetz soll geregelt werden, daß die Polizei das Recht erhält, „vorbeugende Aufenthaltsverbote“ für einen längeren Zeitraum zu verhängen statt wie bisher nur für einige Stunden. Diese sollen die Begehung von Straftaten verhindern. Nach Angaben des innenpolitischen Referenten der SPD, Reiner Zisken, richtet sich das geplante vorbeugende Aufenthaltsverbot etwa gegen Drogenhändler, denen das Betreten des Platzes am Kottbusser Tor für einen definierten Zeitraum von „einigen Tagen“ untersagt würde, aber auch gegen Personen, die Staatsbesuche stören könnten.

Schon bisher ist der Platzverweis zur „Gefahrenabwehr“ ein häufig benutztes Instrument für Berliner Polizeibeamte. Ohne zusätzliche Angabe von Gründen können Betroffene festgenommen werden, wenn sie sich nicht umgehend entfernen. 1997 wurden nach Angaben von Polizei und BGS in Berlin 20.000 Platzverweise erteilt. Die Gesamtzahl ist aber nach Expertenmeinung noch weitaus höher, weil die meisten Platzverweise nicht erfaßt werden.

Das umfassendere Aufenthaltsverbot ist indes verfassungsrechtlich nicht unbedenklich. Bereits 1996 scheiterte der Hamburger Innensenator Hartmut Wrocklage daran, ein solches Gesetz in das hanseatische Polizeirecht einzuführen. Hamburgs SPD-Vorstandsmitglied Heinz Uthmann sagte damals: „Hier werden Grenzen überschritten, und die liberale Substanz des Rechtsstaats bröselt.“ Mit dem Grundrecht auf Freizügigkeit sei so etwas nicht vereinbar. Hummel, babs