Regierung in Oslo gerettet

■ Norwegens Christdemokraten finden Haushaltskompromiß mit den Rechtsextremen

Stockholm (taz) – Der seit Wochen vorhergesagte Sturz der norwegischen Regierung unter Kjell Magne Bondevik ist in letzter Minute vermieden worden. Dem christdemokratischen Ministerpräsidenten gelang es in der Nacht zum Mittwoch, eine Mehrheit für den Gesetzentwurf zum Staatshaushalt zusammenzubekommen, der diesem bei der entscheidenden Abstimmung im Storting am kommenden Montag über die parlamentarische Hürde helfen dürfte. Doch die Rettung der Regierung fordert von der Mitte-Koalition aus den Kleinstparteien Christdemokraten, Zentrum und liberale Venstre einen hohen Preis: den Verzicht auf die Umsetzung nahezu aller eigenen politischen Ziele im Staatshaushalt, das Streichen aller Steuer- und Abgabenerhöhungen, die das Land angesichts des rekordtiefen Ölpreises vor künftigen Budgetproblemen bewahren sollten, und den Zwang zur Zusammenarbeit mit der ausländerfeindlichen rechtsextremen Fortschrittspartei Carl I. Hagens.

Diese ist damit erstmals in der norwegischen Innenpolitik in eine Schlüsselposition aufgerückt und konnte damit den bisherigen Ruf, nicht stubenrein und politikfähig zu sein, wohl endgültig ablegen. Und dies ausgerechnet mit Hilfe einer christdemokratischen Regierung, die vor einem Jahr mit dem Ziel angetreten war, dem norwegischen Volk eine umfassende moralische und ethische Erneuerung zuteil werden zu lassen.

Die Fortschrittspartei kann sich auch über jüngste Umfrageergebnisse freuen, die die Partei als zweitstärkste politische Kraft – bei den Wahlen im September 1997 war sie von 6,3 auf 15,3 Prozent hochgeschnellt – bestätigen. Danach nähert sich Hagens „Ausländer raus“-Partei der 20-Prozent- Marke und könnte bei Wahlen zum jetzigen Zeitpunkt allein mehr Mandate erhalten als die drei Parteien der amtierenden Koalition Bondevik. Der aktuelle Höchststand geht vor allem auf die Ablehnung aller Steuererhöhungen und das Mitschwimmen auf einer Medienwelle über Einwandererkriminalität zurück.

Ist Hagen damit klar erster Sieger des jetzigen Budgetkompromisses, so heißt der zweite Jan Petersen und ist Vorsitzender der konservativen Höyre-Partei. Diese unterstützt den Kompromiß ebenfalls. Durch seine Drohung, mit der sozialdemokratischen Arbeiterpartei eine Große Koalition zu bilden, brachte Petersen Bondevik endgültig zur politischen Kapitulation. Diese Drohung freilich hängt auch künftig über der Regierung Bondevik. Reinhard Wolff