Verlust mit Schweinebauch

■ Bremer Firma soll Kunden mit Börsengeschäften Millionenverluste beschert haben

Die gelernte Frisösin Susanne N. glaubte bis zuletzt, daß ihre Firma durch und durch „seriös“ war. Ordentlich Buch geführt hätte sie doch die ganze Zeit – als Geschäftsführerin der Firma „Context“ für Anlageberatung. Und ordentliche Angestellte hätten sie doch auch gehabt, machte die wegen Betrugs angeklagte Frau mit der weißen Bluse und den rotgeschminkten Lippen gestern vor dem Amtsgericht klar. Auch als die Kripo in der Firma auftauchte, hätte sie noch keine Zweifel gehabt.

Wieso auch, lief doch bis zum Jahr 1995 alles nach Plan – die Firmengründung von „Context“ mit ihrem Mann Reinhold N., das Einstellen von Telefonverkäufern und Aushilfskräften, die Kunden aus ganz Deutschland werben sollten – Selbständige, „weil die viel Geld haben“. Damit das mit dem Anwerben auch klappte, gab man den MitarbeiterInnen einen „Gesprächsleitfaden“ an die Hand – „um zu erklären, was wir als Firma alles machen“ –, nämlich Gelder unter Ankündigung von Gewinnen von bis zu 15 Prozent für Warentermingeschäfte an internationalen Rohstoff- und Terminbörsen bei Selbständigen einzutreiben, so die Anklage.

Laut Staatsanwalt Dr. Christian Baumgarte bekam die Firma „Context“ mit ihren Werbeaktivitäten für den An- und Verkauf von Schweinebäuchen, Mais oder Aluminium ganze 300 Kunden zusammen – offenbar Leute, die Schwarzgelder möglichst schnell gewinnbringend losschlagen wollten. Doch nur 19 von ihnen gewannen tatsächlich, der Rest fuhr Verluste in Millionenhöhe ein. Das mit den versprochenen Gewinnen hätte dann in der Realität wohl „doch nicht so funktioniert“, stellte gestern Richter Horst Wacker trocken klar. „Können Sie sich darauf denn einen Reim machen?“, fragte er die Angeklagte. „Na,ja“, gab die zurück, „das mag wohl an den hohen Aufschlägen gelegen haben.“

Immerhin hatte die eheliche Firma „Context“ zuerst 40 und später noch 20 Prozent der zum Kauf freigegebenen Summe selber einbehalten. An den hohen Verlusten könnten aber auch die Kunden selber Schuld gehabt haben, dachte die Angeklagte Susanne N. weiter laut nach: „Sie hätten eben irgendwann aufhören müssen“, sagte sie knapp: Die Kunden hätten sich zum Teil bis zu 30mal hintereinander an der Börse placieren lassen – „weil sie sich weitere Gewinne versprochen haben.“

Von hochgehaltenen Gewinnerwartungen wollte Susanne N. aber nichts hören. „Erwartung“ wäre nicht das richtige Wort: „Ich würde eher Hoffnung“ sagen – eine Hoffnung auf Gewinn, die ihr schon aus anderen Bremer Firmen bekannt war. Die ehemalige Frisösin arbeitete vorher selbst als Telefonverkäuferin. Als sie dann noch die Liebe zu einem anderen Telefonverkäufer fand – ihrem jetzigen Mann – ,war die gemeinsame Geschäftsgründung nicht mehr weit.

„Reue“ wollen Staatsanwalt und Gericht jetzt bei den beiden sehen – und die Einsicht, daß das betriebene Geschäft mit der Hoffnung tatsächlich Betrug war. Dann kämen die beiden auch mit einer Freiheitsstrafe auf Bewährung davon, deuteten sie an. Und so kam er der Angeklagten doch noch über die Lippen, der Satz: „Ich war immer der Meinung, daß wir seriös waren. Aber das war dann ja wohl doch nicht der Fall.“ kat

Der Prozess läuft am 3. Dezenber weiter.