■ Auf Augenhöhe
: Mercedes-Benz steht auf Flußpferde

Man stelle sich vor, die gesamte Belegschaft von Mercedes-Benz in Berlin hat was mit einem Flußpferdbullen! Man könnte glauben, daß der Umzug der 750 Kollegen im August dieses Jahres an den Potsdamer Platz nur deshalb erfolgte. Jedenfalls hat Mercedes- Benz jetzt die Patenschaft für ein Flußpferd des Berliner Zoos übernommen, als „Antrittsgeschenk für die Berliner“. Doch erst seit gestern ist die Patenschaft perfekt. Denn der vierjährige Flußpferdbulle aus Prag hatte bislang keinen Namen.

Wenn in Berlin Ratlosigkeit in Sachen Tiernamen herrscht, greift man gern auf die Urbevölkerung zurück, die Nilpferde mehr als Pandabären liebt. 1.420 haben an dem Preisausschreiben zur Namensfindung teilgenommen. 1.420 Berliner haben eine besondere Beziehung zu Flußpferden! Weil der Berliner an sich gern seinen Senf zu allem dazugibt, ist es nicht verwunderlich, daß einer der Vorschläge „Mostrich“ war. Doch den erhielt der junge Bulle zum Glück ebensowenig wie „Neese“, „Icke“ oder „Bolle“. Auf dem gestrigen Empfang zur Namensgebung im Flußpferdhaus wurde ein Name gewählt, der an Originalität kaum zu übertreffen ist. Fortan soll der Bulle auf den Namen „Ede“ hören.

Das Ehepaar Pett aus Berlin- Rudow gehörte zu den 47 „Ede“- Namensgebern, die zum „Flußpferdbüffet“ geladen waren („Wir haben extra nicht gefrühstückt“). Ein Brot in Form eines Flußpferdkopfes wurde extra gebacken. Bei einem Glas Sekt stellten die beiden 64jährigen klar: „Wir haben keine Verhältnisse zu Flußpferden!“ An der Namenswahl sei ihre älteste Tochter schuld, die als Kind Nilpferde in allen Formen und Farben sammelte und deshalb „Nili“ genannt wurde. Doch diesen Namen wollten sie der Jury nicht anbieten. Dann müßten sie ja vor dem Wasserbecken mit der modernen Aufbereitungsanlage und der Solaranlage zum Heizen stehen und sagen, „Da schwimmt unsere Tochter!“ So dick sei die denn doch nicht. Dann doch lieber „Ede“, dieses Altberliner Original, der bekannte Ganove.

Nun soll „Ede“ im Zoo natürlich keinen kriminellen Neigungen nachgehen. Er soll die drei Flußpferddamen „Bulette, „Kati“ und „Polly“ beglücken. So wie sein Vorgänger, der 1943 im Zoo geborene „Knautschke“, der zwar die Kriegswirren überlebte, nicht jedoch einen Angriff seines Sohnes „Nante“. Vielleicht schreckt „Ede“ das blutige Ende seines Vorgängers ab. Oder es liegt schlicht und ergreifend an Verständigungsproblemen, daß „Ede“ aus Prag die Damen bisher hat links liegenlassen. Denn „Bulette“ kommt aus Leipzig, „Kati“ aus Kattowitz und „Polly“ aus dem Berliner Zoo.

Derlei Probleme haben die Stuttgarter nicht. Sie können sich von den Berlinern verstanden wissen. Davon zeugt das Gedicht, das der Siegerin des Namenswettbewerbs ein Wochenende mit einem Gefährt der A-Klasse eingebracht hat. „Gut geschlafen, früh aufgewacht, die Zeitung gelesen, kurz nachgedacht“, schrieb sie, „Gesucht: ein typischer Berliner Name, gefallen soll er auch der Flußpferddame; lernt sie den Bullen richtig kennen, wird sie ihn zärtlich Ede nennen! Das hat natürlich seinen Sinn, es steckt ein Stück MercEDEs drin.“ Barbara Bollwahn de Paez Casanova