■ Das Portrait
: Einstieg, Aufstieg – Abstieg, Ausstieg

Sie war so ziemlich alles, was man als Parteimitglied werden kann. Nach 18 Jahren, davon über vier als Ministerin, erklärte Iris Blaul jetzt ihren Austritt aus der grünen Partei.

1995 war die Ministerin nach steilem Aufstieg auf spektakuläre Weise zurückgetreten. Die hessische Sozial- und Umweltministerin Iris Blaul scheiterte an den internen Querelen und Intrigen in ihrer Mammutbehörde. Auslöser war ein Staatssekretär, den sie kurzerhand wegen Inkompetenz nach nur vier Monaten Dienstzeit in den Ruhestand expediert hatte. Der wollte das nicht auf sich sitzen lassen und wehrte sich mit der Offenlegung der privaten Beziehung seiner Chefin zu Wenzel Mayer, einem ihrer Abteilungsleiter.

Kritiker warfen der Ministerin prompt vor, sie habe ihr Amt wie eine Wohngemeinschaft geleitet, und zwar zusammen mit Mayer vom Küchenkabinett aus. Ergebnis: Der Mann blieb, die Frau warf das Handtuch. Iris Blaul trat verbittert zurück. Schließlich mußte sie einem hochnotpeinlichen Untersuchungsausschuß Rede und Antwort über ihr Privatleben stehen. Diese entwürdigenden Befragungen waren ihre letzten öffentlichen Auftritte.

Parteiaustritt nach 18 Jahren: Ex-Ministerin Iris Blaul Foto: Stefan Husch/Terz

Blaul hatte schon vorher vor allem mit der eigenen Partei zu kämpfen gehabt. Sie war eine der ersten Landtagsabgeordneten der hessischen Grünen und als Ministerin nicht die Wahl der parteidominierenden Männer um Joschka Fischer. Die einen nannten die Politikerin energisch und spontan, die anderen befanden sie für politisch zu leicht und zu flatterhaft.

Schon als Abgeordnete hatte sich Blaul viele Feinde gemacht, als sie durch einfaches Nachrechnen mittels Taschenrechner 1988 maßgeblich zur Aufdeckung eines Diätenskandals in Zehnmillionenhöhe im Landtag beitrug. Am 5. April 1991 trat sie mit 35 Jahren ihr Amt als Ministerin für Familien-, Jugend und Gesundheit an und übernahm, als Joschka Fischer nach Bonn wechselte, nach der Wahl 1995 auch noch dessen Umweltministerium.

Blaul geriet nach ihrem Rücktritt schnell in Vergessenheit. Auch ihre grüne Amtsnachfolgerin Margarethe Nimsch scheiterte. Als der Parteitag im Frühling dieses Jahres über deren Rücktritt diskutierte, erschien Iris Blaul überraschend als Beobachterin. Zu Wort meldete sie sich nicht. Gestern dann nahm sie ihren Abschied von den Grünen. Heide Platen