Prollclown aus der Werkzeugkiste

■ Der Soloschauspieler Tilmann Warnke spielt Beat Fähs „Transatlantiksurfer“

Eines Tages wird Maria mit ihm Kaffee trinken oder sogar eine Currywurst essen. Denn für den Trans-atlantiksurfer ist das alles nur eine Frage der Zeit, des Trainings und des Willens. Auf der Couch Sigmund Freuds würde dieser Mensch, der von einer Atlantik-überquerung in der Werkzeugkiste träumt und dabei nichts und niemand anderes als Maria will, als Musterbeispiel für Triebsublimierung liegen. Doch Freud ist tot, und der Transatlantiksurfer hopst in Gestalt des Schauspielers Tilmann Warnke qietschfidel auf der Minibühne in der ersten Etage des Lagerhauses Schildstraße herum.

Der Schweizer Autor und (Kinder-) Theaterregisseur Beat Fäh hat den „Transatlantiksurfer“ wohl als Jugendstück geschrieben. Es ist sozusagen die einfachere Fassung von Elfriede Jelineks „Sportstück“, denn auch Fäh geißelt Triumphe des Willens, Christenmoral, Selbstkasteiung, Nähe von Sport und Gewalt, Superleistungsdenken und all das, indem er es allerdings mitsamt seiner Hauptfigur persifliert. Fähs Transatlantiksurfer ist ein Loser aus dem Bilderbuch und vom ersten Moment an zum Scheitern an sich selbst verurteilt.

Im Lagerhaus erscheint der Surfer in einer bizarren Prozedur: Es gilt, die Kiste auf der Bühne schnellstmöglich mit Sonnenschirm und Stütze in ein Segelboot zu verwandeln. Immer in Rekordzeit, versteht sich, denn Qualität kommt von Qual und Mensch wird erst was durch Leistung. Mit der Zeit werden allerdings die Risse an der trainierten Fassade dieses neoliberalen Hobbysportlers kenntlich.

Unter der Regie Ingrid Lausunds spielt der ehemalige MOKS-Schauspieler Tilmann Warnke die Figur durchaus mit Charme und Verve. Doch lassen Akteur wie Regisseurin viele Fragen unbeantwortet. In einer guten Szene glänzt Warnke buchstäblich durch Nichtstun, aber warum er plötzlich schweigt und mit diesem Schweigen das Publikum provoziert, ist nicht erspielt. Diese und weitere Unausgereiftheiten und Undurchdachtheiten sind nichts gegen den Kardinalfehler der Inszenierung: Warum hat den beiden vor der Premiere niemand gesagt und damit verhindert, daß dieser Transatlantiksurfer mit seinem Ruhrpottdialekt, Ruhrpottmachismo und Ruhrpottproletentum als Tom-Gerhardt-Kopie daherkommt? Dat is nich guut, ey, echt nich!

Christoph Köster

Weitere und vorerst letzte Aufführung: 4. Dezember, 20.30 Uhr im Lagerhaus Schildstraße