„Mit unserem Blut und der Seele sind wir mit dir“

■ Rund 7.000 Demonstranten gehen in Bonn für den PKK-Chef Abdullah Öcalan auf die Straße

Aus den Lautsprechern dröhnen kurdische Kampflieder, eine Einpeitscherin singt vor: „Grüße, Grüße, tausend Grüße an Apo“ und die Menge singt sie nach, die Huldigung an den auch „Onkel“ genannten Kurdenführer Abdullah Öcalan. Skandiert: „Mit unserem Blut, mit unserer Seele sind wir mit dir.“ Und: „Es lebe der Vorsitzende.“ Geradezu ekstatisch aber sind die Rufe: „Türkei – Terrorist, Türkei – Terrorist.“

Rund 7.000 Kurden demonstrierten gestern in Bonn für Abdullah Öcalan. Alle Demonstranten tragen eine Kopfbedeckung aus Pappe in den Nationalfarben Grün, Rot, Gelb mit dem Bildnis Öcalans. Das soll symbolisieren: Öcalan ist unser Kopf, unser Gedanke. Alle tragen Aufkleber, auf denen steht: „20. Zafer Yili“, was heißt: „20. Siegesjahr“ und die Gründung der PKK vor 20 Jahren meint. Viele von ihnen tragen Fotos und Gemälde des Vorsitzenden vor sich her.

In zwei geordneten Zügen bewegen sich die Demonstranten auf den Kundgebungsplatz in den Bonner Rheinauen zu. 30.000 Teilnehmer waren erwartet worden.

Die Kurden demonstrieren nicht für Öcalans Freilassung, sondern für eine friedliche Lösung der Kurdenfrage. „Wir demonstrieren für Frieden“, heißt es, und als Begründung wird angeführt, daß die PKK dreimal den Waffenstillstand erklärt habe. „In diesen Tagen“, sagt einer, „entscheidet sich das Schicksal der kurdischen Bevölkerung.“

Die Teilnehmer lassen keinen Zweifel daran, was Deutschland erwartete, falls es die Auslieferung Öcalans verlangen sollte. „Zwanzig Menschen haben sich in den letzten Tagen in der Türkei für Öcalan verbrannt, Tausende sind in Hungerstreik getreten“, behauptet jemand, „da ist doch klar, was in Deutschland passieren würde.“ Gewalt? Kopfnicken. Gerade Deutschland dürfe sich nicht erlauben, Öcalan den Prozeß zu machen. Deutschland, das die Türkei wie kaum ein anderes Land mit militärischem Gerät versorgt habe.

„Öcalan ist unsere Sonne“, sagt eine junge Frau, ein Spruch, der auch auf einem der Plakate steht. Vor 20 Jahren, sagt sie, vor der Gründung der PKK durch Öcalan, hätte niemand gesagt: Ich bin ein Kurde. Öcalan allein habe dafür gesorgt, daß heute die Kurden in aller Welt wieder eine Identität als Kurden hätten – und dafür kämpften.

Am heutigen Samstag werden viele von ihnen weiterkämpfen. Diesmal als Gegendemonstranten zu den für diesen Tag geplanten türkischen Demonstrationen. 60.000 Türken werden auf Kundgebungen in Berlin, Nürnberg, München und Bonn erwartet. Markus Franz, Bonn