Demonstration mit Morddrohungen gegen Öcalan

■ 8.000 türkische DemonstrantInnen, sowohl Anhänger der „Grauen Wölfe“ als auch von regierungsnahen Vereinen, forderten die Auslieferung des Kurdenführers Abdullah Öcalan

Mit unverhüllten Morddrohungen gegen KurdInnen und speziell gegen Abdullah Öcalan marschierten am Sonnabend etwa 8.000 DemonstrantInnen türkischer Herkunft durch die Berliner Innenstadt. Ihre Hauptforderung: sofortige Auslieferung Öcalans an die Türkei, notfalls auch an Deutschland.

Die Türkische Gemeinde zu Berlin e.V., die für die Demonstration verantwortlich zeichnete, sprach von bis zu 20.000 TeilnehmerInnen, die am Nachmittag vom Adenauerplatz zur Uranie zogen. Aufgerufen hatten 32 Vereine sowohl aus dem rechtsextremen Spektrum als auch aus der politischen Mitte, die die türkische Regierung stellt. Nur der liberale „Türkische Bund Berlin Brandenburg“ (TBB), der nicht unter diesem nationalen Konsens mitmarschieren wollte, hatte im Vorfeld in hiesigen türkischen Medien dagegen protestiert, ohne Absprache auf der Aufruferliste genannt worden zu sein.

Unter unzähligen türkischen Fahnen skandierten die TeilnehmerInnen auf ihrem Zug in aggressiver Stimmung gemeinsam Parolen wie: „Die Türkei wird das Grab für Apo (Öcalan) und die PKK werden“, „Märtyrer sterben nicht, die Nation wird nicht geteilt“ oder „Schlagt Apo, er muß hören – schlagt ihn, er wird hören“. Auf Transparenten war zu lesen: „Tollwütige Hunde kann man nicht zähmen“ und „PKK-Terroristen“.

Während die RednerInnen in den auf deutsch gehaltenen Ansprachen von einer gemeinsamen Demonstration aller Ethnien und von Linken und Rechten gegen den gemeinsamen Feind sprachen, sah das Bild, das sich den BetrachterInnen bot, anders aus. Große Gruppen der rechtsextremen „Grauen Wölfe“ betätigten sich als Einpeitscher. Ihre Fahnen und Zeichen – die erhobene Hand mit gestrecktem Zeige- und kleinem Finger als Symbol für den Wolfskopf – wurden ständig gezeigt. Kurdische oder alevitische Gruppen waren nicht anwesend, ebensowenig linke Organisationen. Die Demonstration zeigte das Bild einer unter der Nationalflagge geeinten Gemeinschaft, die sich in Abgrenzung von kurdischen Gruppierungen konstituiert.

Ein italienischer Wein- und Spezialitätenladen in der Kantstraße wurde fast Opfer der fanatischen Menge in ihrem Haß auf Italien als angeblichem PKK-Unterstützer. Es flogen Flaschen und Obst. Nur mit viel Mühe gelang es zahlreichen Ordnern, die Demonstranten vom Sturm auf den Laden abzuhalten. Ein Polizeisprecher, der von einem friedlichen Verlauf der Demonstration sprach, nannte das „normale Aggressionen“. Kurdische oder linke Gruppen trauten sich angesichts des Gewaltpotentials nicht in die Nähe der Demonstration.

Der Vizevorsitzende der Türkischen Gemeinde, Taciddin Yatkin, nannte die Demonstration erfolgreich. Die Zusammenarbeit von den sich betont national gebenden regierungsnahen Gruppen aus Sozialdemokraten und bürgerlichen Rechten mit den rechtsextremen „Grauen Wölfen“ gehöre zu dem geplanten Konzept, sagte er. Im Gegensatz zur Mehrheit der DemonstrantInnen favorisiere er allerdings nach Öcalans Auslieferung statt der Todesstrafe die lebenslange Haft. mel

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