Arbeitskraft und Geld für die Firma

■ Ab 1999 gibt es eine neue Art der vermögenswirksamen Leistung: Die Beteiligung der Beschäftigten am Kapital des eigenen Unternehmens

Nürnberg (taz) – Vermögen bilden – wer will das nicht? Allein auf der Grundlage des Vermögensbildungsgesetzes (ursprünglich 312-Mark-Gesetz) tragen Jahr für Jahr mehr als 25 Millionen Arbeitnehmer mehr als 20 Milliarden Mark zusammen. Aus den 312 Mark der 60er Jahre sind 936 Mark geworden, Sonderzahlungen von Arbeitgebern sind in vielen Tarifverträgen verankert.

Ab Januar 1999 kommt die Möglichkeit hinzu, sich am eigenen Unternehmen zu beteiligen, also an dem Betrieb, in dem man arbeitet. Für einen jährlichen Höchstbetrag von 800 Mark zahlt der Staat dafür eine Zulage von 20 Prozent, in den neuen Bundesländern sogar 25 Prozent. Allerdings können nur Arbeitnehmer die Zulage beantragen, die im Jahr weniger als 35.000 DM zu versteuern haben (bei Verheirateten maximal 70.000 DM). Nach sieben Jahren können die Sparer dann über die Werte verfügen – wenn denn welche da sind. Denn selbstverständlich birgt die Beteiligung am Betrieb auch Risiken. Zwar hat der Gesetzgeber die Unternehmen verpflichtet, die vermögenswirksamen Leistungen abzusichern, doch wie das funktionieren soll, bleibt offen. Großunternehmen, wie BP, Siemens oder Continental oder innovative Mittelständler wie Qiagen oder Singulus, bieten ihren eigenen Mitarbeitern zwar attraktive Spar- und Beteiligungsprogramme, doch gerade bei kleineren Unternehmen in Krisenbranchen oder -regionen sollten sich Arbeitnehmer genau überlegen, ob sie ihr Geld in den Betrieb stecken.

Denn es gibt genügend Ausweichmöglichkeiten. So können die vermögenswirksamen Leistungen zu gleichen Bedingungen auch bei Genossenschaftsbanken oder Wohnungsbaugenossenschaften angelegt werden. Und die gleiche staatliche Förderung gibt es auch bei der Anlage in ausgewählten Aktienfonds. Eine Liste dieser Fonds gibt es beim Bundesverband deutscher Investment-Gesellschaften (Tel. 069-1540900).

Zwar war es nach Meinung des damaligen Arbeitsministers Norbert Blüm ein „guter Tag für die christliche Sozialbewegung“, als die neue Form der Vermögensbildung beschlossen wurde, doch Kritiker sind – vor allem mit der Laufzeit von sieben Jahren – nicht zufrieden.

So favorisiert Manfred Laux, Geschäftsführer des Investmentverbandes, Laufzeiten von bis zu 12 Jahren: „Dann kämen erheblich höhere Beträge zusammen, die die Anleger wohl weniger für den Kauf eines Gebrauchtwagens nutzen, sondern eher für die Altersvorsorge.“ Und das würde sich lohnen, so errechnete das Wirtschaftsmagazin Capital. Nach dieser Rechnung kommt ein Arbeitnehmer, der während seines Berufslebens fünf aufeinanderfolgende Verträge mit jeweils 20 Prozent staatlicher Zulage abschließt, nach 30 Jahren auf ein Kapital von mehr als 80.000 Mark. Das wäre die Grundlage für 400 Mark monatliche Zusatzrente, ohne daß das Kapital angegriffen werden müßte. Horst Peter Wickel