Mehrwert durch Mehrarbeit?

Urteil: Lehrer-Personalräte gehen davon aus, daß Richtlinie zum Ausfall von Unterricht teilweise gestoppt ist. Die Schulbehörde nicht  ■ Von Judith Weber

„Wir gehen davon aus, daß Teile der Richtlinie zur Vermeidung von Unterrichtsausfall nun nicht mehr umgesetzt werden können.“ Anna Ammonn, Chefin der Hamburger Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), zeigte sich gestern hoch zufrieden.

Auch Egon Tegge vom Personalrat der Gymnasien vermutet, daß einzelne Aspekte der geplanten Richtlinie von Schulsenatorin Rosemarie Raab (SPD), die LehrerInnen bis zu drei Stunden entschädigungsloser Mehrarbeit pro Monat zumutet, „nicht durchgesetzt werden können“.

Grund für die Freude bei den LehrervertreterInnen ist ein Urteil des Hamburger Verwaltungsgerichts von Ende vergangener Woche. Die Personalräte von Gesamtschulen und Gymnasien sowie der Grund-, Haupt- und Realschulen hatten geklagt, weil die Behörde für Schule, Jugend und Berufsbildung (BSJB) im Frühjahr eine 20 Jahre alte Dienstvereinbarung gekündigt hatte, in der auch die Verteilung von Überstunden geregelt war. Danach mußten Teilzeitkräfte keine Mehrarbeit leisten. Teilzeitbeschäftigt sind in Hamburg unter anderem alle in den vergangenen zwei Jahren angeheuerten LehrerInnen. Sie bekamen von der Schulbehörde nur Dreiviertel-Stellen.

Der Rücktritt von der Dienstvereinbarung war rechtens, entschied das Gericht nun; die Inhalte des Vertrags gelten nicht mehr. Wenn es jedoch keine Vereinbarung mehr gibt, so Tegge, „müssen den Personalräten eben alle Einzelentscheidungen zur Zustimmung vorgelegt werden, die die Anzahl der Überstunden betreffen.“ Dazu gehören seiner Ansicht nach auch Teile der umstrittenen Richtlinie. Sie sieht unter anderem vor, daß LehrerInnen auf Anordnung des Schulleiters entschädigungslose Mehrarbeit zu leisten haben. Und zwar alle, auch die Teilzeitbeschäftigten.

Bevor Raab ihre Richtlinie der Deputation der Behörde unterbreitete, „hätte sie zumindest ernsthaft mit uns diskutieren müssen“, so Tegge. GEW-Vorsitzende Ammonn forderte Raab gestern auf, „die Richtlinie endlich vom Tisch zu nehmen und mit Schulleitern und Personalräten Lösungsversuche zu erarbeiten“. Schließlich habe die Senatorin vor Gericht eine empfindliche Niederlage erlitten.

Die Schulbehörde sieht das anders. Sie warf der GEW gestern vor, „vordergründige Stimmungsmache“ zu betreiben. „Das Gericht hat ausdrücklich festgestellt, daß die gekündigte Dienstvereinbarung über Mehrarbeit nicht bis zum Abschluß einer neuen Vereinbarung nachwirkt“, erklärte Pressesprecherin Viola Griehl. Das sei ein Erfolg für die Behörde. Was das Urteil für die Umsetzung der Richtlinie bedeute, ließe sich noch nicht sagen. Denn bisher liegt die schriftliche Begründung des Gerichts noch nicht vor.