American Pie
: Baltimore Belle

■ Die Körbe bleiben leer, schon denken die Sportfans in den USA wieder an Baseball

Drove my chevy to the levy but the levy was dry

Der stagnierende Arbeitskampf in der NBA rutscht langsam ebenso aus dem Bewußtsein der Sportfans in den USA wie die Basketball-Liga selbst. Eher als Randnotiz werden Mutmaßungen über ein „Drop Dead“-Datum abgehandelt, zu dem sich Klubbesitzer und Spielergewerkschaft, die zur Zeit wieder mal nicht miteinander reden, schließlich einigen würden, weil sonst die gesamte Saison abgesagt werden müßte. Solchen Spekulationen zufolge würde ungefähr ab Ende Januar gespielt. Eine optimistische Einschätzung, denn bei der Kluft zwischen den Parteien müßte eine Seite schon sehr von ihren hartnäckig postulierten Prinzipien abweichen, um einen Deal zu ermöglichen.

Während sich Basketball-Superstars wie Jordan, Pippen, Rodman oder Barkley also weiter im vertragslosen Zustand befinden, wird im Baseball schon mächtig für die nächste Saison geplant. Der liebste Sport der Amerikaner hat seinen verheerenden Arbeitskampf einige Jährchen hinter sich, wenn die Progression der Gehälter allerdings so fortschreitet wie in den letzten Jahren, dürften auch hier die Teambesitzer bald wieder mucken. Mußte sich Topverdiener Kirby Puckett vor knapp zehn Jahren bei den Minnesota Twins noch mit drei Millionen Dollar pro Jahr begnügen, überschritt Albert Belle 1996 bei den Chicago White Sox als erster die Zehn- Millionen-Grenze.

Am Montag holte er sich einen kräftigen Nachschlag. Schlauerweise hatte sich der medienfeindliche, wegen seiner Unbeherrschtheit verrufene, aber geschäftstüchtige Belle in seinen Fünfjahreskontrakt eine Klausel einbauen lassen, die ihm Neuverhandlungen über eine Gehaltserhöhung gestattete, sobald er sich nicht mehr unter den drei Topverdienern der Major League Baseball (MLB) befand. Der Punkt war schnell erreicht. Sox-Boß Jerry Reinsdorf, als Besitzer der Chicago Bulls, die Michael Jordan 36 Millionen für die letzte Saison zahlten, durchaus ans Geldausgeben gewöhnt, winkte jedoch ab. Also ging Belle zu den Baltimore Orioles, die ihm nunmehr 13 Millionen Dollar pro Jahr zahlen.

Der Klub legt Wert darauf, daß es in dem neuem Fünfjahresvertrag keine Ausstiegsklausel wie bei den White Sox gibt. Das wäre auch unklug, denn bereits jetzt ist Belle, dem in der letzten Saison 49 Homeruns gelangen, nur noch knapp in den Top Three. Gleichauf mit Mike Piazza, liegt er deutlich hinter Mo Vaughn (13,33 Millionen) von den Anaheim Angels und seit vorgestern auch hinter Randy Johnson. Der unterschrieb für 13,1 Millionen Dollar pro Jahr bei den Arizona Diamondbacks und ist jetzt der höchstbezahlte Pitcher aller Zeiten. „Big Unit“, wie der 2,06 Meter große Werfer genannt wird, darf sich die Hände reiben, denn schließlich ist er schon 35, und sein Kontrakt läuft stolze vier Jahre. „So war eben der Markt für Randy“, sagt Jerry Colangelo, Besitzer der Diamondbacks, die zuletzt das drittschlechteste Team der MLB waren und nun durch eine Reihe von Neueinkäufen zum Playoff- Aspiranten werden wollen.

„Der Gedanke, noch drei oder vier Jahr zu warten, bis wir mithalten können, schien uns nicht sehr verlockend“, begründet Colangelo die Politik der massiven Investitionen. Wahrscheinlich verbrät er aber bloß das Geld, das er im Basketball dieses Jahr spart. Colangelo ist auch der Besitzer der Phoenix Suns. Gehaltssumme 97/98: 42,117 Millionen Dollar. Matti Lieske