Ein strahlender Ölprinz nun auch in Paris

Total fusioniert mit der belgischen Petrofina und wird damit der sechstgrößte Ölkonzern der Welt. Hoher Aktienpreis läßt die Experten stutzen, doch Größe ist nötig: Exxon und Mobil verkünden ihre Firmenehe offiziell  ■ Von Reiner Metzger

Berlin (taz) – Die Pariser Total Aktiengesellschaft hat nun auch ihren Coup des Jahres gelandet. Gestern verkündete sie, daß sie mit dem belgischen Konkurrenten Petrofina Aktien tauschen will. Total ist hinter Elf Aquitaine der zweitgrößte Petroleumkonzern Frankreichs. Pertrofina ist nicht nur die Nummer eins der Branche in Belgien, sondern auch eines der größten Unternehmen des Landes. Zusammen sind sie laut Total-Chef Thierry Desmarest die sechstgrößte Ölfirma der Welt mit einem Umsatz von 92 Milliarden Mark und einem Reingewinn von 3,3 Milliarden im vergangenen Jahr.

In den Schatten gestellt wurde diese überraschende Meldung gestern allerdings von einer zweiten Ankündigung: Die US-Riesen Exxon und Mobil gaben in New York ihre Fusion offiziell bekannt. Mit einem Umsatz von über 300 Milliarden Mark entsteht das größte Unternehmen der Welt. Die Nachricht von der Firmenehe war jedoch in den letzten Tagen schon durchgesickert.

Total und Petrofina hingegen konnten ihre Coup bis zuletzt geheimhalten. Total ist an der Börse wesentlich mehr wert als der neue Partner: 51,2 Milliarden Mark gegenüber 16,1 Milliarden nach den Aktienkursen vom letzten Tag vor der Fusion, dem Freitag. Die Pariser haben also das Sagen im neuen Unternehmen. Trotzdem werden die Aktionäre der Belgier wohl in die Firmenehe einwilligen – schließlich will Total jede Petrofina-Aktie mit einen Aufschlag von 34 Prozent bewerten.

Wie Total den hohen Kurs für Petrofina wieder hereinbringen will, machten die Vorstände gestern auch klar: Mit „erheblichen Einsparungen auf allen Gebieten“. Die Belegschaften von 54.400 (Total) und 14.700 (Petrofina) werden also dezimiert werden.

Eigentlich betonte Total-Vorstand Desmarest bisher immer, wie schön sein Geschäft auch ohne Fusionen wachse. Aber in letzer Zeit waren Gerüchte zu hören, daß der heimische Konkurrent Elf ein Auge auf Petrofina geworfen hatte. Das hat anscheinend zum Nachdenken geführt. Außerdem spricht in der Branche derzeit jeder über Fusionen.

Ob der hohe Fusionsaufschlag gerechtfertigt ist, darüber waren die Branchenexperten gestern verschiedener Meinung, Skepsis überwog jedoch. Die Total-Aktien fielen denn gestern auch erst einmal um satte zehn Prozent, obwohl die Belgier immerhin 3.600 Tankstellen weltweit sowie allerhand Raffinerien mit in die Ehe bringen. Neben Aktivitäten in Frankreich-typischen Regionen wie Nordafrika und Südostasien wird der neue Konzern nun in der Nordsee ein stärkeres Standbein haben. Doch die Logik der Total-Strategen dürfte eine andere sein, vermuten Beobachter: Die künftige Totalfina ist so groß, daß sie nun als Verhandlungspartner bei den grassierenden Fusionsgesprächen ernst genommen wird. Unter solchen Riesen wie Shell (allein 13.000 Tankstellen in Europa) oder BP/ Amoco wäre Total allein nur ein Aperitifhäppchen gewesen.