„Grüner Gutachterfilz“

■ Heftige Atom-Debatte in der Bürgerschaft: CDU und SPD gemeinsam gegen die GAL

„Ich muß leider feststellen“, beendete GAL-Fraktionschefin Antje Möller ihre Rede, „wir haben den Spaltpilz in der Koalition.“ Niemand widersprach ihr. In der Tat gelang es der CDU gestern in der Bürgerschaft, tiefgreifende Meinungsverschiedenheiten in der rot-grünen Koalition zu offenbaren. Schon lange nicht mehr zollten so viele SPD-Abgeordnete Rednern der Union Beifall und rührten keine Hand zu den Worten grüner Parlamentarier. Das Thema der turbulenten Debatte: Atomausstieg.

Die CDU griff den grünen Umweltsenator Alexander Porschke heftig an, weil der vor zwei Wochen ein Gutachten zum Atomausstieg an die Berliner Beratungsgesellschaft LBD vergeben hat. LBD ist ein bundesweit renommiertes Institut, das schon für etwa 60 Stadtwerke und Energieversorger gearbeitet hat. Es soll prüfen, ob es wirtschaftlich vertretbar ist, Atomkraftwerke durch Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerke (GuD) zu ersetzen.

Für CDU-Fraktionsvize Roland Salchow ist dies ein klarer Fall eines „unseriösen und unsäglichen Gefälligkeitsgutachtens auf Staatskosten“. Das Prüfergebnis sei „schon jetzt klar“. Denn LBD habe bereits im vorigen Jahr für die GAL-Fraktion ein entsprechendes Kurzgutachten erstellt. Diese Expertise jetzt zu wiederholen, so CDU-Umweltexperte Hartmut Engels, sei „grüner Gutachterfilz“. Bürgermeister und HEW-Auf-sichtsratsvorsitzender Ortwin Runde hätte „den Umweltsenator stoppen müssen“, klagte Salchow, und erntete Applaus auch von der SPD.

Die erst seit Montag amtierende umweltpolitische SPD-Sprecherin Renate Vogel warf Porschke vor, sein Vorgehen sei „nicht besonders hilfreich“. Und ihre Fraktionskollegin Monika Schaal konstatierte unter dem Beifall der Union: „Lieber kein Gutachten als solch eines.“ Salchow bedankte sich „bei der SPD für diese klaren Worte“.

Die Vorwürfe seien „eine Diffamierung eines Gutachtens, das es noch gar nicht gibt“, warnte der GAL-Abgeordnete Axel Bühler. LBD habe unter anderem für den größten schwedischen Atomkonzern „Vasa Energy“ und für die Bayerische Vereinsbank gearbeitet, die beide nicht für „linksökologische Tendenzen bekannt“ seien. Anschließend warf er Salchow vor, die „Geschäfte der Atommafia“ zu betreiben. Sven-Michael Veit