Ein Trainer, der sich im Kreis dreht

Halbherzige Disziplinierungsmaßnahmen von Winfried Schäfer bringen im Viertelfinale des DFB-Pokals auch nur ein 0:3 des VfB Stuttgart beim FC Bayern München, und die Lage wird immer aussichtsloser  ■ Aus München Nina Klöckner

Der Stuttgarter Fußballtrainer Winfried Schäfer hat es zur Zeit nicht leicht. Egal, wo er gerade hinkommt, er muß sich dafür rechtfertigen, daß er immer noch Angestellter des VfB Stuttgart ist. Auch vor dem Viertelfinalspiel seiner Mannschaft im DFB-Pokal beim FC Bayern München im Olympiastadion konnte sich ein Fernsehreporter eine Frage nach der nahen Zukunft nicht verkneifen. „Ich bleibe stehen“, sagte Schäfer darauf etwas ärgerlich, „und keiner kann mich umwerfen.“ Und es hörte sich so an, als ob er tatsächlich noch dran glaubt. Der Reporter hat ihn allerdings nicht besonders ernst genommen. „Hier können Sie jetzt aber nicht stehen bleiben“, sagte er zu dem Stuttgarter Übungsleiter und schickte ihn auf die Trainerbank.

Was er von dort aus zu sehen bekam, war anfangs gar nicht so übel. Schäfers Mannschaft mühte sich redlich, die Bayern nicht so gut ins Spiel kommen zu lassen, und hatte in der ersten Viertelstunde sogar zwei Chancen, in Führung zu gehen. Daß sie am Ende 0:3 verlor, lag vor allem an der eigenen Harmlosigkeit und der Abgeklärtheit der Bayern. Doch das Ergebnis ist nicht so wichtig. Daß man gegen die Münchener etwas ausrichten könne, hatte bei den Stuttgartern sowieso niemand so richtig geglaubt, denn „irgendwann machen die ihr Tor“, sagte Schäfer. Und außerdem kämpft beim VfB kaum noch einer gegen den Gegner, sondern lieber jeder gegen jeden.

Die Situation, in der sich der Verein derzeit befindet, ist ziemlich aussichtslos, die sportliche Lage alles andere als angenehm. Aus dem internationalen Geschäft haben sich die Schwaben schon vor ein paar Wochen verabschiedet. Jetzt sind sie auch aus dem nationalen Pokal gekegelt worden. In der Bundesliga ist das untere Ende inzwischen bedeutend näher als das obere, wo die Stuttgarter aber unbedingt hinwollen. Das macht die Sache nicht leichter. Fast täglich plaudert irgend jemand irgend etwas aus, was nicht unbedingt für die Öffentlichkeit bestimmt ist. Meistens geht es dabei gegen den Trainer Schäfer. „Wenn Interna nach außen getragen werden“, sagte dieser nach dem Spiel in München, „ist das der Tod der Mannschaft.“

Schäfer merkt, daß das Experiment zwischen dem badischen Volkshelden und dem württembergischen Starensemble längst gescheitert ist. Aber aufgeben will er deshalb nicht. Im Gegenteil. Vor der Dienstreise nach München hatte der Trainer zum ersten Mal Konsequenzen aus den Querelen der vergangenen Wochen gezogen. Den vielkritisierten Spielmacher Krassimir Balakow hatte er gleich zu Hause gelassen. Auch Stürmer Fredi Bobic hatte er aus der Stammformation gestrichen. Er mußte auf der Bank Platz nehmen, „weil er nach den schlechten Leistungen der vergangenen Wochen eine schöpferische Pause braucht“, sagte Schäfer. Aber der Befreiungsschlag des angeschlagenen Trainers war wieder nur halbherzig. Balakow hat er offiziell aus dem Kader genommen, um ihn nach seinem bösen Foul in Freiburg „aus der Schußlinie“ zu nehmen“, und nur in zweiter Linie wegen seiner durchwachsenen Darbietungen in den vergangenen Partien. und Fredi Bobic wurde in der 56. Minute sogar von ihm eingewechselt. Der war aber trotzdem ziemlich sauer, weil Schäfer ihn nicht persönlich von der Zwangsmaßnahme unterrichtet hatte, sondern es ihm vor versammelter Mannschaft mitteilte. „Das kann man mit 18jährigen machen“, sagte Bobic nach dem Spiel, „aber nicht mit Fredi Bobic.“

Mit diesen Aktionen macht Schäfer sich natürlich nicht unbedingt neue Freunde. Außerdem hat der Rest des Teams gegen Bayern München gezeigt, daß es ohne die beiden auch nicht besser spielt. Und genügend Geld für geeignete neue Spieler gibt es nicht. Schäfer dreht sich im Kreis.

Jetzt kann er eigentlich nur hoffen, daß sein Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder noch möglichst lange zu ihm hält. Der wird eine Entscheidung solange wie möglich hinauszögern, weil er es war, der Winfried Schäfer unbedingt haben wollte. Und wenn er ihn schon nach ein paar Monaten wieder vom Hof jagt, wird er langsam selber unglaubwürdig.

Wie es jetzt weitergeht, wollten die Journalisten nach dem Auftritt in München von Winfried Schäfer wissen. „Alles, was ich jetzt weiß, ist, daß ich kalte Hände habe“, sagte er, „und die wärme ich jetzt an meinem Kaffee.“

VfB Stuttgart: Wohlfahrt – Thiam, Verlaat, Berthold, Keller – Lisztes, Rost (73. Zeyer), Soldo, Carnell (73. Hosny) – Ristic (57. Bobic), Akpoborie

Zuschauer: 11.000; Tore: 1:0 Jancker (26.), 2:0 Basler (71.), 3:0 Zickler (78.)

Bayern München: Kahn – Matthäus (74. Helmer) – Babbel, Linke – Strunz, Jeremies, Effenberg, Lizarazu – Basler (79. Salihamidzic), Jancker (61. Zickler), Elber