■ Die SPD zögert, ob sie eine neue, entschlossene Bahnpolitik will
: Der Weg aus der Krise

Kontinuität lautet das Motto der SPD auch bei der Bahnpolitik. Johannes Ludewig bleibt auf dem Chefsessel der DB Bahn AG. Die Bundesregierung will nicht in den Geruch kommen, den Kohl-Intimus aus politischen Gründen geschaßt zu haben, heißt es. Die Präsentation der nächsten Bahn-Bilanz im Frühjahr sei ein besserer Zeitpunkt, Ludewig abzuservieren.

Daß bei der Bahn vieles schief läuft, weiß heute jeder Kunde. Vielleicht werden im kommenden Jahr sogar wieder rote Zahlen geschrieben. Ein Umsteuern ist nötig – und zwar sofort. Dabei geht es nicht nur um eine Neubesetzung der Bahn-Chefetage. Bonn müßte eine andere Verkehrspolitik beschließen, wenn die Schiene nicht noch mehr Marktanteile an die Straße verlieren soll. Doch ob die SPD dies tatsächlich will, ist noch nicht ausgemacht. Ludewig weiterwurschteln zu lassen ist ein Hinweis, daß keine Wende zu erwarten ist. Vielmehr steht zu befürchten, daß der Mann als Watschenmann gebraucht wird.

Um der DB eine reelle Chance zum erfolgreichen Wirtschaften zu geben, bedarf es einer entscheidenden Korrektur der Bahnreform: Das Schienennetz muß den Zugbetreibern entweder kostenlos zur Verfügung gestellt werden – oder die Straßennutzer müssen in gleicher Höhe für die Abnutzung der Asphaltpisten zahlen. Verkehrsminister Franz Müntefering hat zwar bereits angekündigt, daß er in diesem Trassenpreissystem der Bahn ein Problem sieht. Doch er will hier nur eine europaeinheitliche Lösung vorantreiben. Dafür gibt es allerdings keinerlei Notwendigkeit; die Regierung könnte hier ganz eigenständig handeln. Insofern erscheint die Ankündigung eher als Aktionismus denn als tatsächlicher Reformwille.

Müntefering hat außerdem versprochen, daß die neue Regierung verstärkt in die Schiene investieren wolle – ein Satz, den Ex-Verkehrsminister Matthias Wissmann ebenfalls regelmäßig von sich gab und zugleich das Gegenteil tat. Ob die neue Regierung hier ehrlicher ist, wird sich bald zeigen. Entscheidend ist hier nicht nur die Höhe der Mittel, sondern auch ihre Verteilung. Nur wenn die Investitionen nicht für Prestigeprojekte wie milliardenteure ICE-Trassen, sondern überwiegend für einen Erhalt des Netzes in der Fläche aufgewandt werden, besteht die Möglichkeit einer erfolgreichen Unternehmenspolitik.

Sollte Rot-Grün an diesen beiden Punkten tatsächlich umsteuern, würde der Chefposten bei der DB auch für Manager aus der Wirtschaft attraktiv. Dann, aber nur dann wäre es sinnvoll, daß Ludewig derweil den Sessel warm hält. Annette Jensen