Mit Genkartoffeln ins Image-Tief

Gegen den Gentech-Saatgut-Multi Monsanto wächst der Protest – inzwischen auch in Frankreich und England. Interner Unternehmensbericht warnt vor Image-Krise  ■ Von Wolfgang Löhr

Berlin (taz) – „Das ist ein Skandal!“ schimpft die Grüne Hiltrud Breyer. Die Europaabgeordnete kann es nicht fassen, daß die EU- Kommission Saatgut für Georgien als Lebensmittelhilfe finanzierte, welches in der EU noch nicht einmal im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens auf mögliche Gesundheitsrisiken hin untersucht worden sei. Das Saatgut, das Monsanto nach Georgien geliefert habe, sagt Breyer gegenüber der taz, sei noch nicht einmal für den Handel in der EU zugelassen.

Doch die Kommission will die Verantwortung für diesen Fehler nicht übernehmen. Sie habe nicht gewußt, daß mit den EU-Geldern Gentech-Saatgut gekauft werde. „Die Entscheidung über den Kauf dieser Saatkartoffeln wurde ausschließlich von den georgischen Behörden getroffen“, teilte sie der grünen Europaabgeordneten mit. Doch laut Greenpeace gab es auch in Georgien keine Bewertung des Umweltrisikos durch die Freisetzung der Genkartoffeln.

Hiltrud Breyer fordert jetzt Konsequenzen. Es sei eine „unglaubliche Dreistigkeit“ von Monsanto, gegenüber der Kommission verschwiegen zu haben, daß die EU-Gelder für transgenes Saatgut verwendet werden sollten. Breyer fordert von der Kommission, daß Monsanto überhaupt keine Fördermittel mehr bekommen soll. Der Gentech-Konzern Monsanto steht schon länger in der Kritik. Vor zwei Jahren noch konnten nur wenige mit dem Namen „Monsanto“ etwas anfangen. Erst als der Konzern vor drei Jahren manipulierte Sojaprodukte ohne Kennzeichnung auf den europäischen Markt drückte, wurde er hierzulande schlagartig bekannt. Monsanto hatte sich vorgenommen, unter dem Slogan „Food, Health and Hope“ weltweit führendes Unternehmen im Bereich der Life-Sciences, wie PR-Stategen die Felder Pharma, Agrar und Medizin neuerdings zusammenfassend bezeichnen, zu werden.

Doch zunehmend hat Monsanto unter seinem Negativ-Image zu leiden. Das ergaben Umfragen, die der Konzern in Deutschland und Großbritannien durchführen ließ. Erstellt wurde der Report von der Beratergruppe Stan Greenberg, deren Dienste auch schon von Bill Clinton, Tony Blair und Gerhard Schröder in Anspruch genommen wurden. In dem vertraulichen Report wird sogar von der Möglichkeit einer echten Krise gesprochen. Der vertrauliche Report stellt fest, daß zwar die Ablehnung von Gentech-Food in der Öffentlichkeit in den letzten Monaten stark zugenommen habe, daß aber die meisten Politiker der Gentechnik sehr wohlwollend gegenüberstünden.

Vor einem Jahr sah die Welt für die Gentech-Industrie noch ganz anders aus. Lediglich in Deutschland, der Schweiz und in Österreich gab es größere Proteste und ernstzunehmende Widerstandsaktionen gegen Gentechnik auf dem Acker oder in Lebensmitteln. Im restlichen Europa war das aber kein Thema.

Doch das hat sich grundlegend geändert. In Großbritannien gab es 1997 zahlreiche Feldzerstörungen. Große Supermarktketten verbannten alle gentechnisch manipulierten Produkte aus ihren Regalen. Vor kurzem erst bildete sich eine große Koalition aus Umwelt- und Verbaucherschützern, die gemeinsam ein Moratorium für Freisetzungen mit genveränderten Organismen fordern.

Eine für die Gentech-Industrie ähnlich bedrohliche Situation besteht in Frankreich. Dort geht der Widerstand vor allem vom Staat aus. Die französische Regierung beschloß, vorerst kein manipuliertes Saatgut mehr zuzulassen.

Der große Konkurrent von Monsanto, der Schweizer Konzern Novartis, stellt sich schon auf die veränderte Situation ein. Konzernsprecher äußerten gegenüber der Frankfurter Rundschau, daß sie zwar kein Moratorium für den Anbau genmanipulierter Pflanzen wünschten, es aber unter Umständen akzeptieren könnten. Der Umweltauschuß des Europaparlaments hat jüngst auch ein EU- Moratorium gefordert. „Die Chancen stehen sehr gut“, sagt die Abgeordnete Hiltrud Breyer, „daß das Europaparlament im Februar ein EU-weites Freisetzungsmoratorium beschließt.“

Monsanto hat sein Imperium in der Vergangenheit durch Aufkäufe vor allem von Saatgutfirmen stetig vergrößert. Am Wochenende erst genehmigten die US- Behörden die Übernahme auch der restlichen 60 Prozent Anteile am zweitgrößten Saatguthändler in den USA, Dekalb Genetics. Den hatte Monsanto bereits 1997 für 2,3 Milliarden Dollar gekauft. Vor wenigen Wochen platzte allerdings die Fusion mit dem Pharmakonzern American Home Products und zwang Monsanto zu einer neuen Firmenstrategie. Einige Geschäftszweige sollen nun verkauft, 2.500 Arbeitsplätze innerhalb der nächsten 18 Monate abgebaut werden. Derzeit macht Monsanto mit rund 27.000 Mitarbeitern weltweit allein im Saatgutsektor einen Umsatz von mehr als 1 Milliarde Dollar und ist damit nach Pioneer Hi-Bred (Umsatz 1,7 Milliarden Dollar) die Nummer zwei auf dem Weltmarkt.