Fugmann-Heesing bremst Branoner aus

■ Finanzsenatorin Fugmann-Heesing (SPD) korrigiert Wachstumsprognose des CDU-Wirtschaftssenators nach unten und fordert "ungeschminkte Betrachtung" der anhaltend schlechten Lage. Berlin vom Bundestrend vö

Annette Fugmann-Heesing (SPD) macht's wie Oskar Lafontaine. Ähnlich dem Bundesfinanzminister kümmert sich jetzt auch die Berliner Ressortkollegin zunehmend um die Wirtschaftspolitik. Gestern korrigierte Fugmann- Heesing die offizielle Wachstumsprognose der CDU-Wirtschaftsverwaltung nach unten.

Während man dort bislang von einem Wachstum um ein bis 1,5 Prozent in diesem Jahr ausging, komme, so die Senatorin, ein geringerer Wert „zwischen null und einem Prozent“ heraus. Auch 1999 falle das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts – die Summe aller in Berlin hergestellten Güter und Dienstleistungen – geringer aus, als dies bisher einkalkuliert wurde.

Die Zahlen stammen nach Informationen der taz aus der Wirtschaftsverwaltung, die sie bisher nicht veröffentlicht hat. Michael Wehran, der Sprecher von Wirtschaftssenator Branoner, räumte ein, daß die bisherige Prognose veraltet sei. Um wieviel sie unterschritten werde, könne er noch nicht sagen. Die Stadt sei, so Fugmann-Heesing, von der bundesweiten „leicht positiven Entwicklung völlig abgekoppelt“. Anläßlich einer Sitzung des Finanzplanungsrates, den Lafontaine leitet, forderte die Finanzsenatorin, „die wirtschaftliche Situation der Stadt ungeschminkt“ zu betrachten. Wirtschaftssenator Branoner hatte erst kürzlich erklärt, daß sich der ökonomische „Erholungskurs“ in Berlin fortsetze.

Bereits in ihrer jüngsten Rede zum Landeshaushalt hatte die Finanzsenatorin gemahnt, „ein zukunftsweisendes Wirtschaftsprofil“ für die Stadt zu entwickeln – eine Aufgabe, die der CDU-Wirtschaftsverwaltung obliegt. Andersherum: Obwohl Branoner wie sein Vorgänger Elmar Pieroth ständig von „Kernsektoren“ spricht, in denen die Wirtschaft gute Aussichten habe, ist nach Fugmann-Heesings Einschätzung bislang nicht viel passiert.

Schon seit einiger Zeit schaukelt sich ein größerer Konflikt um die Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik im Senat auf. CDU und SPD liegen an mehreren Punkten über Kreuz. Branoner kritisiert, daß der von Fugmann-Heesing angepeilte Liegenschaftsfonds zur Privatisierung staatlicher Immobilien nicht die erhofften Summen erbringen könne. Die Finanzsenatorin revanchiert sich regelmäßig mit dem Hinweis auf die desolate Lage der Wirtschaftsförderung und die mangelnde Wirkung der Subventionsprogramme. Eine Gegnerin findet Branoner mittlerweile auch in der neuen Arbeitssenatorin Gabriele Schöttler (SPD), die sich gegen seinen Vorschlag ausspricht, das Ladenschlußgesetz komplett aufzuheben, um Jobs im Einzelhandel zu schaffen. Hannes Koch