Konzernumbau soll Siemens aufpäppeln

■ Weil der Gewinn schrumpfte, wird nun radikal umgebaut. An der Entwicklungen neuer AKW hält Siemens aber trotz Rot-Grün fest

Berlin/München (taz/AP) – Der Siemens-Konzern will mit einer Radikalkur bereits im laufenden Geschäftsjahr wieder ein zweistelliges Ergebnis einfahren. „Wenn wir die Maßnahmen umgesetzt haben, wird Siemens ein anderes Unternehmen sein“, sagte Siemens- Chef Heinrich von Pierer gestern in München. Trotzdem versuchte der Konzernchef die Beschäftigten zu beruhigen: Einen Jobabbau im großen Stil schloß er aus. Verschiebungen zwischen einzelnen Bereichen seien aber immer denkbar.

Nach Angaben des Siemens- Chefs will der Konzern seinen Umsatz im kommenden Geschäftsjahr wie schon 1997/98 um mehr als zehn Prozent steigern. Der Jahresüberschuß solle noch etwas stärker zulegen. Hier hatten in diesem Jahr Umstrukturierungen zu Sonderbelastungen in Milliardenhöhe geführt. Der Gewinn ging auf knapp eine Milliarde Mark zurück – im vorigen Geschäftsjahr waren es noch 2,6 Milliarden Mark. Der Umsatz hatte sich dagegen um zehn Prozent auf 118 Milliarden Mark verbessert. Aufgrund des Gewinneinbruchs hatte sich das Unternehmen eine Radikalkur verordnet, die die Ausgliederung mehrerer Geschäftsbereiche mit einem Umsatz von 17 Milliarden Mark und rund 60.000 Mitarbeitern vorsieht. Derzeit beschäftigt das Unternehmen weltweit rund 440.000 Menschen.

Probleme bereiten vor allem die Bereiche für Energieerzeugung und Kraftwerksbau (KWU) mit einem Verlust von 65 Millionen Mark, Verkehrstechnik (759 Millionen) und die noch vor kurzem als Zukunftsbranche eingeschätze Halbleitersparte mit satten 1,2 Milliarden Mark Verlust.

Zur Ankurbelung des Gewinns will von Pierer auch zu für Siemens unerhörten Maßnahmen greifen: Auch rund 500 Führungskräfte des Unternehmens sollen bei der geplanten Umstrukturierung stärker in die Pflicht genommen werden. Ihr Einkommen wird an den Erfolg der jeweiligen Geschäftseinheit und des Konzerns gebunden. Nur noch 40 Prozent des Einkommens seien fest, sagte von Pierer.

Die Internationalen Ärzte für die Verhütung des Atomkriegs (IPPNW) wiesen gestern in einem offenen Brief auf ein ganz anderes Problem von Siemens hin: das Festhalten an der Nutzung der Atomenergie. Laut IPPNW habe Siemens dazu immer betont, nicht die Stimmungslage in der Bevölkerung sei entscheidend, sondern der Wille der Bundesregierung. „Nach dem Regierungswechsel in Bonn ist es nicht mehr nachvollziehbar, wenn Siemens die Entwicklungsarbeiten für den deutsch-französischen (Atomreaktortyp) EPR weiterführt“, meint die IPPNW. „Das gleiche gilt für den neuen Siedewasserreaktor SWR-100.“

Wolfgang Breyer, der Sprecher der Siemens-Energieerzeugung, sah das gestern ganz anders. „Gegen die künftige Notwendigkeit der Kernenergie hat sich noch niemend ausgesprochen“, sagte Breyer, „auch nicht die neue Bundesregierung.“ Die neuen Reaktortypen, so Breyer, tauchten im Koalitionsvertrag gar nicht auf. rem