Oinking Cookie Jar

Bücher, CDs, Weihnachtstee – ganz schön als Präsent, aber irgendwie abgegessen. Viel besser: eine oinkende Plätzchendose, oder? In Geschenkeshops rumgestöbert hat  ■ Martin Reichert

Unglaublich, im S/M-Shop ist auch schon Weihnachten. Mit einem schönen Gabentisch hoffen die Jungs von der „Leathers“-Lederwerkstatt in der Schliemannstraße 38 auf ein reges Weihnachtsgeschäft: Ein paar Handschellen im Lederetui gibt es für den Einsteiger ab 45 Mark. Wild Entschlossene könnten sich für das Kombipaket entscheiden, das mit Handfessel, Fußfessel und Hundehalsband rundum Zufriedenheit verheißt, alles aus echtem Leder und nicht ganz billig: 260 Mark. Erektionserhaltene Cock-Ringe sind auch auf Lager, bringen aber am Heiligen Abend wohl nur dann Spaß, wenn man bei der Größe die richtige Wahl getroffen hat. Ein riskantes Geschenk.

Wenn der erste Advent die Weihnachtszeit eingläutet hat, es nach Zimtsternen, Butterplätzchen und Glühwein duftet und das alte „Stille Nacht, Heilige Nacht“- Geklimper den Großstadtlärm überzuckert, rückt die entscheidene Frage in den Vordergrund: Was schenken? Bücher, CDs, Weihnachtstee – irgendwie abgegessen. Da bietet der Bummel in den S/M-Shop mehr. Die seriöse Alternative ist auch nicht schlecht: In der Apotheke zum Beispiel gibt es Geschenke für den Partner, gegen die selbst der Papst nichts einzuwenden hätte. Rechtzeitig zum Fest der Liebe bietet die Apotheke am Helmholtzplatz den „Persona“-Minicomputer, der mittels Hormonmessung Empfängnisverhütung verspricht. Für schnäppchenverdächtige 159,95 Mark.

Familientauglich am Heiligen Abend ist die mittelalterliche Streitaxt für knapp 200 Mark, die bei „Marketendery Zeitsprung“ angeboten wird. Im Hinterhof der Eberswalder Straße 28 gibt es Accessoires und Einrichtungsnippes im zeitgemäßen Retro-Design. Ein Kettenhemd, die Zeiten werden rauer, für 1.000 Mark (Handarbeit), passende Schaffell-Yeti-Weste in Dunkelbraun ab 380 Mark. Wer nordische Möbel mag, aber Ikea nicht mehr sehen kann, findet hier eine Alternative: Ein Wikingerholzstuhl (erinnert an afrikanische Gebärstühle) kostet schlappe 300 Mark. Überhaupt findet man hier schräge Dinge zum Verschenken, einen Wachstotenschädel und Naturwachsfackeln für die festliche Illumination etwa. Kuhtrinkhörner mit eisernem Hornständer für den Weihnachtspunsch passen prächtig dazu. Für Singles, die sich in geschmackvollen Lofts zu Tode langweilen, ist „Effekt“ in der Danziger 54 eine Fundgrube. Eine Klarsichtwärmflasche mit schwimmenden Rosen kann über manches hinweghelfen. Herrlich überflüssig ist der aufblasbare Seesternspiegel für 9,95 Mark. Von ähnlicher Qualität: die Plastikschubladengriffe in Bananen- oder Gurkenform für die Küche. Den Vogel schießt der „Oinking Cookie Jar“ ab, ein Schwein, in das man Plätzchen füllt, und wenn man den Kopf aufklappt, grunzt es feist (49,95 Mark).

Wer Boshaftes sucht, findet jede Menge im „Preisteufel“, Prenzlauer Allee 185. Der Tip für Haßgeschenke. Für das pubertierende Gör in der Verwandtschaft ein 50 x 80-Poster von Kurt Cobain im bordeaux-golddurchwirkten Zierrahmen à 19,99 Mark. Die Schwiegermutter würde sich sicher wahnsinnig über eine Schwanenuhr zum gleichen Liebhaberpreis freuen, und Yuppi-Kerle bekommen ein Handy-Feuerzeug für läppische 7,99 Mark. Dann ist der Geschenkesack aber wirklich voll, oder?