Besessen von Dämonen

■ Sehnsucht nach großem Stoff: „Regionale Kapitale 1“, ein Theaterfestival im Prater

Alexej Schipenko weiß noch nicht, was Valeri Biltschenko aus seinem Stück „La 5 in der Luft“ machen wird. Zwar kennt er den Regisseur aus Kiew schon länger, und der hat auch bereits einiges von ihm inszeniert („Archäologie“, „Und G. sagte...“), doch wie Biltschenko mit seinem lautstarken Mutter-Sohn-Drama jetzt in Berlin unter dem Titel „Doppel – A“ verfährt, ist ihm völlig schleierhaft. Beunruhigt ist er deshalb aber nicht. Er wartet geduldig auf das Ergebnis, das er Mitte Dezember auf der Bühne des Praters erleben wird. Nach Angaben der Schauspieler jedenfalls dürfte er seinen Text bei dieser Gelegenheit wiedererkennen.

„Doppel – A“ ist eine von drei Theaterinszenierungen, mit denen das Kulturamt Prenzlauer Berg bis zum 20. Dezember im Prater ein eigenes Festival feiert. Unter dem assoziationsreichen Titel „Regionale Kapitale 1“. Es ist die erste Ausgabe eines auf lange Sicht angelegten Projekts. Fortan will man immer während der großen Theaterferien mit themen- oder genrespezifischen Schwerpunkten für Sommerfrische sorgen. Insofern ist „Regionale Kapitale 1“ in diesem Jahr ein Vorlauf, eine Option, die sich konzeptuell entwickeln muß. Überschaubar beginnt man so auch klugerweise erstmal mit einem reinen Theaterprogramm.

„Ristorante Immortale“ ist das erste der gezeigten Stücke. Eine Arbeit mit Masken und pantomimischem Spiel. In einem leeren Restaurant sehnen sich die Kellner nach einem Gast, der nie kommt. Die Konstellation ist keinesfalls originell. Ihre Aufgabe ist es nur, den Schauspielern Platz zu lassen, ihnen Raum zur Entfaltung zu geben.

Raum für die eigene Interpretation hat sich auch Thomas Roth genommen, der zur Regionale „Die Besessenen“ von Albert Camus nach „Die Dämonen“ von Dostojewski beisteuert. Die Sehnsucht nach dem großen Stoff ist bei ihm ungebrochen. Der Regisseur allerdings verspricht, daß die „Krise der revolutionären Ansätze“, das also, was für ihn den Kern des Stückes ausmacht, in seiner Inszenierung keinesfalls in der Stimmlage des Traktats verhandelt wird. Elisabeth Wagner

5.–6. 12.: „Ristorante Immortale“, 8. 12.–12.12.: „Die Besessenen“, 16. 12.: „Doppel – A“, jeweils ab 20 Uhr, Prater, Kastanienallee 7–9