Volkswagen darf Messe platt machen

■ Das Dresdner Stadtparlament votierte für einen Vertrag mit VW. Ab 2000 werden nun die neuen Nobelkarossen in Sachsen gebaut

Dresden (taz) – Dresdens Oberbürgermeister war sichtlich erleichtert. „VW ist hier herzlich willkommen“, sagte Herbert Wagner (CDU) nach der Abstimmung am späten Donnerstag. Nach wochenlangem Hickhack kann Volkswagen (VW) nun seine Pläne in Dresden umsetzen, ab kommenden Februar seine „gläserne Fabrik“ bauen. Im Jahr 2000 rollen dann hier die neuen Nobelkarossen zum Stückpreis von 150.000 Mark und mehr vom Band.

Ganz so herzlich aufgenommen wurde VW ursprünglich nicht. Die Wolfsburger Autobauer wollen am Großen Garten – Dresdens größtem Innenstadtpark – produzieren, ausgerechnet an der Stelle, wo heute noch die Dresdner Messe residiert. Daß Wirtschaftsbürgermeister Rolf Wolgast (SPD) gerade diesen Standort dem Konzern ohne Rücksprache offerierte, sorgte für Mißstimmung. Zudem hielt der Bürgermeister Detailinformationen zurück, so daß die Stadträte keinerlei Einfluß auf die Vertragsverhandlungen mit VW nehmen konnten. „Was da gebaut werden soll, wie und wann, erfuhren die Stadträte immer nur aus der Zeitung“, klagt beispielsweise Stadtrat Jan Mücke (FDP).

Auch die ungesicherte Zukunft der Messe machte den Stadträten zu schaffen. Die Finanzierung des mindestens 70 Millionen Mark teuren Messezentrums ist völlig ungewiß, etwa 600 Jobs stehen auf dem Spiel. Noch nicht einmal der neue Standort steht fest. Zwar gab es in der Vergangenheit mehrere Stadtratsbeschlüsse, das neue Messezentrum im Ostragehege (Friedrichstadt) zu errichten. Doch davon will man jetzt nichts mehr wissen.

Im Stadtrat stimmten nun gestern 42 von 71 anwesenden Mitgliedern für die VW-Ansiedlung – vor allem aus den Reihen von SPD und CDU. Dagegen stimmten 26 Stadträte, vor allem PDSler und Grüne. Nun soll Ende Februar mit dem Abriß der alten Messehallen begonnen werden. In den „gläsernen“ Produktionshallen sollen VW-Kunden zuschauen können, wie die Edelkarossen zusammengeschraubt werden.

VW zahlt einen Grundstückspreis von 250 Mark pro Quadratmeter für die rund 8 Hektar große Fläche – aus Sicht der Kritiker ein Preis völlig unter Wert. Ab 2000 soll die 300 Millionen Mark teure Fabrik – in der auch eine Galerie und ein Kino geplant sind – 800 Menschen Arbeit geben. Nach einer Studie der TU Dresden kann Dresden nach Produktionsstart mit Steuermehreinnahmen von 40 Millionen Mark rechnen. Was aus den bereits gebuchten Messen im Winter und Frühjahr wird, ist derzeit völlig unklar. Nick Reimer