Manifestation des guten Willens

Mit der Vereinbarung von Prinzipien zum Umgang mit Raubkunst ging in Washington die internationale Konferenz zum Holocaustvermögen zu Ende  ■ Aus Washington Peter Tautfest

Elf Prinzipien und eine Menge Eigenlob, das ist das Ergebnis der dreitägigen Holocaustvermögenskonferenz, die am Donnerstag in Washington zu Ende ging. 44 Staaten und ein Dutzend nichtstaatliche Organisationen hatten sich auf Einladung des State Departement und des Washingtoner Holocaust Museum zusammengefunden, um „noch vor der Jahrtausendwende die Schuld des größten Verbrechens dieses Jahrhunderts abzutragen, damit man unbelastet ins nächste gehen kann“, so der US- amerikanische Delegationsleiter und Architekt der Konferenz, Stuart Eizenstat.

Die elf Prinzipien betreffen die Rückgabe von Raubkunst, und sie sind nicht einmal verbindlich. Aber auf verbindliche Abkommen war diese Konferenz ohnehin nicht angelegt. Sie war eher als Manifestation internationalen guten Willens gedacht, mit dem ausstehende Vermögensansprüche gütlich, möglichst ohne Prozeßgezänk und vor allem unbürokratisch geregelt werden sollen.

Im Zentrum der Konferenz standen Kunstgegenstände, Versicherungspolicen und Gemeindeeigentum (Synagogen, Kirchen, Friedhöfe). Die elf Prinzipien entstanden in Konsultationen amerikanischer Museen, nachdem der New Yorker Staatsanwalt im Frühjahr zwei Bilder des österreichischen Malers Egon Schiele – Leihgaben aus Österreich – als gestohlen beschlagnahmte. Ein Schreck ging durch die Museumswelt, und die Galerien nahmen sich vor, ihre Bestände durchzugehen, Raubkunst zu identifizieren, Archive zu öffnen, um die Besitzer zu finden, und Gestohlenes zurückzugeben.

Auch das Thema der ausstehenden Versicherungspolicen kam erst durch Klagen auf die internationale Tagesordnung. Überlebende des Holocaust und deren Nachkommen konnten in den meisten Fällen Lebensversicherungen nicht einlösen, weil in Auschwitz keine Totenscheine ausgestellt wurden und weil der nationalsozialistische Staat sie kassiert hatte. Alle Ansprüche werden weiterhin auch gerichtlich verfolgt, die Konferenz aber nahm Kenntnis von Mechanismen, Gremien und Verfahren zur vereinfachten Regelung der Ansprüche.

Die Deutschen kamen auf dieser Konferenz noch gut weg. Kunstgegenstände sind in Deutschland zurückgegeben, die meisten Versicherungspolicen durch das Wiedergutmachungsgesetz zurückgezahlt worden. Ignatz Bubis, der Vorsitzende des Zentralrats der deutschen Juden, bezeichnete die deutsche Praxis der Rückgabe von Gemeindeeigentum als vorbildlich.

Die Rückgabe noch ausstehender Versicherungsforderungen soll durch eine internationale Kommission unter Leitung des ehemaligen amerikanischen Außenministers Lawrence Eagleburger organisiert werden, der nach der Konferenz eine Reise nach Europa antritt. Bisher haben sich sechs Versicherungen an einem Fonds beteiligt, der inzwischen 90 Millionen Dollar zusammengebracht hat, aus dem unbürokratisch Forderungen beglichen werden sollen.

Stuart Eizenstat kündigte an, daß die Tschechische Republik, Slowenien und Ungarn sich an diesem Fonds beteiligen wollten. Von Konferenzteilnehmern war allerdings zu hören, daß die Vertreter dieser Länder sich von den USA unter Druck gesetzt fühlten.

Das vielleicht wichtigste Ergebnis der Konferenz war die Forderung, alle Archive bis zur Jahrtausendwende zu öffnen. Bis Ende des nächsten Jahres soll eine auch im Internet einsehbare Megadatenbank entstehen, mit Verbindungen zu den wichtigsten Archiven. Widerspruch wurde nur vom Vatikan laut, der sich mit Verweis auf bereits vor Jahren veröffentlichte Dokumente erneut weigerte, seine Archive zu öffnen.

Auf dieser Konferenz wurde erstmalig auch international und auf Regierungsebene über Erziehung gesprochen – Holocausterziehung. Das soll auch das Thema einer weiteren Konferenz sein, die im kommenden Jahr in Stockholm stattfinden wird.