Behörde unterläuft Kita-Platz-Recht

■ Ein bürokratisch formulierter Brief desinformiert die Eltern

Vom ersten Januar an hat jedes Kind, das drei Jahre alt wird, das Recht auf einen Kita-Platz vom Tag des Geburtstages an. Die Bremer Sozialbehörde hat die Kindertagesstätten allerdings in keiner Weise darauf vorbereitet, jeden Monat einzelne Kinder neu aufzunehmen. Nun versucht sie mit einer irreführenden Information der Eltern zu vermeiden, daß das neu geltende Recht in Anspruch genommen wird.

In dem Brief, der allen betroffenen Eltern im November zugegangen ist, heißt es zunächst, das 3jährige Kind habe „einen Rechtsanspruch auf einen halbtägigen Besuch eines Kindergartens“. Die merkwürdig unbeholfene Formulierung bedeutet, aus dem Beamtendeutsch übersetzt, daß die Sozialbehörde den Rechtsanspruch auf vier Kita-Stunden pro Tag beschränken will, „Halbtagsgruppen“ nennt die Behörde nämlich ihre 4-Stunden-Gruppen. In dem Bundesgesetz ist von dieser Einschränkung nicht die Rede; sie würde einen Halbtags-Job unmöglich machen. In dem Brief an die Eltern heißt es weiter: „Das Kindergartenjahr beginnt am 1. August...“ Das sollen die Eltern so verstehen, daß die Inanspruchnahme des Kita-Platzes vom 3. Geburtstag an unerwünscht ist.

In einem nebulösen Satz werden die Eltern dann doch noch auf ihren Rechtsanspruch hingewiesen: „Wenn Sie Ihr Kind zu einem anderen Termin anmelden wollen oder müssen, so teilen sie dies ... vier Monate vor dem Aufnahmetermin mit. Sie müssen allerdings damit rechnen, daß in der gewünschten Einrichtung zu diesem Zeitpunkt keine Plätze frei sind, so daß nach anderen Lösungen gesucht werden muß.“

Diese Formulierung soll abschrecken. Und sie offenbart auch, daß für die Kitas keine Vorkehrungen dafür getroffen worden sind, daß Eltern ihr Recht auf einen Kita-Platz wahrnehmen. Das Pendant zum neu geregelten Abtreibungsrecht im Bundesgesetz sollten aber nicht irgendwelche anderen Notlösungen sein, sondern ordentliche Kita-Plätze

Und dann heißt es in dem Brief: „In der Regel werden zum Schuljahresbeginn Anfang August Plätze frei.“ Der Satz hat typischerweise kein Subjekt, er soll politische Verantwortung verstecken und Sachzwänge suggerieren. Eigentlich müßte er heißen: Wir, die Bremer Sozialbehörde, richten zwischen den Einschulungsterminen keine neuen Kita-Plätze ein – Scheiß auf die neue Rechtslage!

K.W.