„Taschenspielertricks“ bei der Barmer

■ Ersatzkasse speichert offensichtlich datenschutzwidrige Daten / Bundesversicherungsamt prüft mehrere Vorfälle, die immer dubioser wurden / Versicherter fühlt sich von Krankenkasse betrogen

Die Barmer Ersatzkasse muß sich jetzt vor dem Bundesversicherungsamt (BVA) für ihre Datenschutzpraxis verantworten. Beklagt hat sich ein Versicherter aus dem Bremer Umland, der – einmal mißtrauisch geworden – immer wieder datenschutzrechtlich bedenkliche Eintragungen in seiner persönlichen Leistungsakte bei der Geschäftsstelle Verden gefunden hatte. Diese Akte hat das BVA jetzt vollständig angefordert. Auch der Bundesdatenschutzbeauftrage hat sich eingeschaltet.

Im ersten Fall hatte Jürgen Schröder* wegen Zahnarztrechnungen Akteneinsicht verlangt. Dabei stieß er auf einen handschriftlichen Vermerk, in dem es heißt: „Bei Herrn Schröder handelt es sich um ein Mitglied, daß sich offensichtlich gerne auf dem Wege der Klage seine Vorteile verschafft.“ Das löste bei Jürgen Schröder Empörung aus.

Er beschwerte sich also, die Barmer Ersatzkasse lenkte ein und bedauerte „die in diesem Zusammenhang geführte Auseinandersetzung“. Doch damit nicht genug. Bei einer weiteren Akteneinsicht geriet Jürgen Schröder erneut ins Staunen. Fand er doch eine Notiz abgeheftet über ein Gespräch, das angeblich zwischen ihm und einer Barmer-Mitarbeiterin stattgefunden haben soll. Diese führt dort auf, daß Schröder sie mit Ausdrücken beschimpft hat wie: „Ich werde Ihnen den Arsch aufreißen.“ Schröder bestreitet diese Äußerungen. Bei der Barmer sagt man dazu nur: „Wir haben es damals versäumt, dem Kunden mitzuteilen, was wir von einem solchen Auftreten halten“, so der Barmer Datenschutzchef Manfred Röhrig aus der Hauptstelle in Wuppertal. Dennoch veranlaßte er, das Schreiben zu vernichten.

Das jedoch erst, nachdem Schröder zum ersten Mal das Bundesversicherungsamt eingeschaltet hatte. Geholfen hat's wieder nicht. Bei der nächsten Akteneinsicht mußte Kunde Schröder feststellen, daß die Barmer in dem Antwortschreiben an die Bundesanstalt, abgeheftet natürlich in seiner Akte, festgehalten hatte, daß es bei dem Vorfall um die angeblich „zum Teil beleidigenden und unsachlichen Äußerungen“ des Klienten gegangen sei. Unterzeichnet ist das Schreiben vom Datenschutzchef Röhrig. Dazu Schröder: „Da wird versucht, auf Umwegen wieder subjektive Sachverhalte in meine Akte zu befördern.“ Also: Schreiben bitte vernichten. Ist laut Barmer inzwischen geschehen. Entschuldigung Röhrig: „Es hat sich um zeitliche Überschneidungen gehandelt.“

Daß dies aber kaum noch glaubhaft ist, beweist die bisher letzte Akteneinsicht Schröders in der vergangenen Woche. Hat doch die Barmer dort einen Zeitungsartikel der Verdener Aller-Zeitung abgeheftet, der den gesamten Vorgang schildert. Da die Kollegen ebenfalls die Anonymität des Versicherten wahrten, steht in dem Bericht natürlich nicht dessen Name. „Damit ist es datenschutzrechtlich nicht relevant“, so Röhrig. Kunde Schröder hält es dagegen für einen „miesen Taschenspielertrick“.

Zumal nach Sozialgesetzbuch X Paragraph 67 a+b nur Daten gespeichert werden dürfen, die zur „gesetzlichen Aufgabenerfüllung“ notwendig sind. Das dürften bei einer Krankenkasse entsprechende Krankendaten sein. Und abgesehen davon, muß selbst Röhrig nach mehrfachem Nachfragen einräumen, daß dieses Verhalten irgendwie doch „gegen den Grundgedanken des Datenschutzes verstößt“.

Jens Tittmann

*Name geändert