Lärm schreckt Klemann auf

■ Bausenator will Lärm in einigen Straßen reduzieren. Nach Niederlage des Landes Berlin im Berufungsverfahren gibt es Schadstoff-Beschwerden von 20 weiteren geplagten BürgerInnen.

Die Klagen gegen Verkehrslärm zeigen erstmals Wirkung: Nachdem Anwohner einer lauten Straße vor zwei Wochen auch in zweiter Instanz gegen das Land gewonnen hatten, will Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) den Lärm in einzelnen Straßen reduzieren. Er habe seine Behörde beauftragt, an „bestimmten Knackpunkten“ Lärm und Schadstoffe zu messen und Konzepte zu erstellen, um die Straßen zu beruhigen, sagte seine Sprecherin Petra Reetz. Bis zum Jahresende sollten Vorschläge auf dem Tisch liegen.

Die Reaktion des Verkehrssenators kommt nicht von ungefähr: Zwölf Verfahren sind derzeit noch vor dem Verwaltungsgericht, weitere vier Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht anhängig. Die erste Instanz, das Verwaltungsgericht, hatte bislang 13 KlägerInnen recht gegeben. Das Land ging in allen Fällen in Berufung, aber nur fünf kamen vor das OVG, weil einige Kläger weggezogen sind und einer gestorben ist. Nach dem Gerichtserfolg wollen zudem 20 weitere Anwohner lauter Straßen beim Senat „verkehrsberuhigende Maßnahmen“ beantragen und notfalls dafür vor Gericht gehen, berichtete Michael Zschiesche vom Unabhängigen Institut für Umweltfragen, das die Initiative „Rechtsschutz gegen Luftschmutz“ koordiniert.

Für die noch offenen Verfahren muß die Verkehrsverwaltung genauere Meßdaten vorlegen als bisher. Dazu verpflichteten die Richter des OVG das Land. Klemann will allerdings nicht in allen Berliner Straßen Messungen vornehmen lassen. Aber für besonders laute, wie etwa die Schildhornstraße in Steglitz, sollen demnächst Lärmwerte vorliegen. Vor allem nachts will Klemann den Lärm reduzieren.

Seine Beamten sollen daher auch Möglichkeiten wie Nachtfahrverbote für Lastwagen prüfen. Das Innenstadtkonzept von Umweltsenator Peter Strieder (SPD), das Laster von 1999 an aus der City verbannen sollte, hat Klemann allerdings gerade erst hinausgezögert.

Der Anwalt der KlägerInnen, Wolfram Sedlak, geht zwar davon aus, daß sich die Chancen für seine Klienten erhöht haben, ist aber skeptisch, daß sich in den Straßen tatsächlich etwas ändert. Er befürchtet, daß in den meisten Fällen die neuen Antwortschreiben der Verwaltung an die Anwohner Gründe enthalten werden, um verkehrsberuhigende Maßnahmen abzulehnen.

In diesem Fall will Sedlak die Bescheide inhaltlich anfechten. Die rechtliche Auseinandersetzung ginge dann von vorn los. Die Anwohner müßten damit rechnen, daß sich die Verfahren mindestens ein weiteres Jahr hinziehen. Einige Kläger hatten schon jetzt keine Geduld mehr. Sie zogen weg, bevor ihr Fall vor das OVG kam. Jutta Wagemann