Land kämpft um Kulturhoheit

■ Die von Naumann geplante Kulturstiftung stößt beim Senat auf Widerspruch. Radunski: Naumann stört Verhandlungen mit Bund. Zusagen von 120 Millionen müssen eingehalten werden

Der Vorstoß von Michael Naumann (SPD), Kulturbeauftragter der Bundesregierung, die Subventionen für die hauptstädtische Kultur künftig in eine Stiftung fließen und von dieser kontrollieren zu lassen, hat in Berlin zu Irritationen geführt. Nach Ansicht von Axel Wallrabenstein, Sprecher von Kultursenators Peter Raduski (CDU), entbehre ein solcher Vorschlag im Augenblick jeder Grundlage. Das Land und der Bund befänden sich in Verhandlungen über den 1999 auslaufenden Hauptstadtkulturvertrag. Diese Gespräche seinen noch nicht abgeschlossen. Zugleich existierten mehrere Modelle aus dem Hause des Kultursenators, wie die Mittel für kulturelle Projekte, darunter die für den Hauptstadtkulturfonds, verteilt werden könnten.

Der Fördertopf verfügt gegenwärtig über 60 Millionen Mark Bundesmittel und soll nach dem Willen Naumanns schon im nächsten Jahr auf 120 Millionen verdoppelt werden. Aus diesem Fonds werden Kultureinrichtungen der Stadt gefördert, knapp zehn Millionen Mark davon wurden bisher für einzelne „hauptstädtische Kulturprojekte“ wie Opern und Theater-Events verwendet. Naumann hatte angeregt, die 120 Millionen Mark in eine Kulturstiftung oder GmbH für Berlin einzubringen, in der Künstler und Politiker vertreten sein sollten. Hintergrund der Naumann-Idee ist, daß der Kulturbeauftragte fürchtet, Berlin lasse „die Bundeszuwendungen im Straßenbau versickern“. Mit dem Instrument der Stiftung könne besser „Sorge dafür getragen werden, was sich der Bund für das Kulturleben in Berlin leisten kann“.

Laut Wallrabenstein ist eine Stiftung untauglich. Wichtiger sei, daß sich Naumann an die Verabredung halte, Berlin die 120 Millionen Mark „wie versprochen“ zukommen zu lassen. Kultursenator Radunski habe betont, dabei könne es nicht darum gehen, daß Berlin für die Häuser und Ensembles bezahle und der Bund nur seine glanzvollen Aufführungen finanziere. Radunski schwebt das Modell eines „Nationaltheaters“ in der Hauptstadt vor, in dem beispielsweise die Staatsoper Unter den Linden, die Komische Oper, das Schauspielhaus am Gendarmenmarkt und das Deutsche Theater zusammengefaßt und in einer von Bund und Land getragenen Stiftung finanziert werden könnten.

Eine Alternative, so Radunski, wäre auch die finanzielle Übernahme für einzelne kulturelle Einrichtungen, die Bestandteil des preußischen Kulturerbes sind, wie etwa die heute von Daniel Barenboim geleitete Deutsche Staatsoper und das Schinkelsche Schauspielhaus. Rolf Lautenschläger