Klare Fronten in Nigeria

■ Die Kommunalwahlen zeigen, wie sehr die Bevölkerung die Militärherrschaft ablehnt

Berlin (taz) – Nach den Kommunalwahlen vom Wochenende bildet sich in Nigeria ein Dreiparteiensystem heraus. Wie aus Teilergebnissen aus 22 der 36 Bundesstaaten hervorgeht, lag gestern die „People's Democratic Party“ (PDP) mit Mehrheiten in 14 Bundesstaaten an erster Stelle, gefolgt von der „Alliance for Democracy“ (AD) mit sechs Bundesstaaten und der „All People's Party“ (APP) mit einem. In einem Bundesstaat liegen PDP und APP gleichauf.

Der Aufstieg der AD, die aus Teilen der Demokratiebewegung hervorging, verändert die politische Landschaft Nigerias, in der bisher PDP und APP als die wichtigsten Parteien galten. Alle existierenden Parteien in Nigeria entstanden nach dem Tod des Militärdiktators Sani Abacha im Juni und erhielten im Oktober die provisorische Zulassung. Nur solche Parteien, die jetzt in mindestens 24 Bundesstaaten die Fünfprozenthürde überspringen, werden zu den Gouverneurs-, Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 1999 zugelassen.

Daß hinter der finanzkräftigen, allseits favorisierten PDP nun die radikale AD und nicht die eher Abacha-freundliche APP an zweiter Stelle liegt, unterstreicht, wie tief Nigerias Bevölkerung die Militärherrschaft ablehnt und auch, wie frei sich die Wähler diesmal fühlten. Aber die Wahl legt auch regionale und ethnische Gräben offen. Die fünf Bundesstaaten, in denen die AD die Mehrheit hat, liegen allesamt im Siedlungsgebiet des Yoruba-Volkes im Südwesten Nigerias. Hier errang die AD überall zwischen 65 und 85 Prozent der Stimmen. In anderen Landesteilen ist sie hingegen kaum präsent. Dieses Ergebnis ist ein Problem für die PDP, die den Yoruba und ehemaligen Militärherrscher Olusegun Obasanjo als ihren Präsidentschaftskandidaten für 1999 aufstellen will. Die PDP ist in keinem Yoruba-Staat in der Mehrheit; im Bundesstaat Lagos hat sie überhaupt keine Gemeinden gewonnen. Riesige Mehrheiten hat sie dagegen in den wichtigsten nördlichen Bundesstaaten erzielt, was den Verdacht der Demokratiebewegung stärkt, die PDP sei Produkt des aufgeklärteren Teils des Militärestablishments.

Obasanjo muß jetzt versuchen, die Yoruba zurückzugewinnen. In einer ersten Stellungnahme sagte er, die Wahl habe bewiesen, daß die PDP „eine nationale Partei sei, die die Unterstützung der Mehrheit der Nigerianer genießt“. Er fügte hinzu: „Wir müssen das Licht der politischen Reife und Ehrlichkeit hochhalten, so daß das irregeleitete Element unter uns aus der Dunkelheit der Intoleranz und des Vorurteils herausfindet.“

Die APP rivalisiert mit der PDP nur in wenigen Bundesstaaten. Die sechs anderen provisorisch zugelassenen Parteien haben nach den vorliegenden Teilergebnissen mit einer Ausnahme überhaupt keine Gemeinden gewonnen und werden nun sang- und klanglos untergehen. Ihre Führer müssen versuchen, sich den großen Parteien anzuschließen. Die Wahl lief unter hoher Beteiligung weitgehend ruhig ab außer in Teilen des Nigerdeltas, wo bei einem lokalen Streit sechs Menschen starben. Wahlbeobachter und die Wahlkommission äußerten sich zufrieden über den Wahlablauf. Dominic Johnson